Ankaras Puppenkiste auf Deutschland-Tour!

Über die aktuelle Situation der Kurd*innen in der Türkei informiert am 7. Juni ein Vortrag von YXK – dem Verband der Studierenden aus Kurdistan und JXK – Studierende Frauen aus Kurdistan.

Der kurdisch-türkische Konflikt

Im Jahr 2013 keimte in der Türkei Hoffnung auf Frieden und demokratischen Wandel auf. Die Verhandlungen zwischen der türkischen Regierung und dem kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan führten zu einem Waffenstillstand zwischen der türkischen Armee und der PKK. Dieser wurde jedoch 2015 seitens der Regierung aufgekündigt, nachdem die AKP von Präsident Erdoğan anfing, im politischen Prozess an Macht zu verlieren und die Gesellschaft in den kurdischen Städten demokratische Strukturen nach den Ideen Öcalans errichtete.

Um diesen Prozess umzukehren, wurde Öcalan unter totale Isolation gestellt, und die türkische Armee begann einen brutalen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung, in dem tausende Zivilist*innen ihr Leben verloren und ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht wurden.

Die Repressionen Deutschlands zu Gunsten Erdoğans

Auch in Deutschland machte sich der türkische Kurswechsel bemerkbar. Durch den unmoralischen „Flüchtlingsdeal" mit Erdoğan, bei dem der türkische Präsident die europäische Angst vor der Einwanderung syrischer Kriegsflüchtlinge nutzte, um seinen Krieg gegen die kurdische Freiheitsbewegung zu finanzieren, machte sich Deutschland erpressbar. Die türkische Politik gewann zunehmend Einfluss auf die deutschen Staatsorgane, und die traditionelle Zusammenarbeit in der Unterdrückung kurdischer Freiheitsbestrebungen erreichte ein neues Level. Selbst kulturelle Institutionen, die jahrzehntelang für Vielfalt und Integration in Deutschland sorgten, wurden Opfer dieser Politik. Kurdische Presse, Student*innen- und Kulturverbände und sogar ein Buchverlag wurden nach türkischen Vorbild mit Repressionen überzogen. Jegliche Forderungen für die Freiheit von Öcalan und selbst das Zeigen seines Konterfeis wurden kriminalisiert.

Deutschland – Türkei: Eine Langzeitbeziehung

Diese Zusammenarbeit gipfelte im völkerrechtswidrigen Überfall der türkischen Armee auf die kurdische Region Efrîn im benachbarten Syrien. Neben islamistischen Banden, bestehend aus ehemaligen Kämpfer*innen von Al-Qaida und dem IS, wurde die türkische Armee hierbei auch von deutschen Aufklärungsflügen und massiven Waffenlieferungen aus hiesiger Produktion unterstützt. Die ganze Welt schaute zu, wie hunderttausende Menschen vertrieben, Dörfer und Städte geplündert und Frauen und Mädchen versklavt und vergewaltigt wurden. Doch statt Erdoğan vor ein Kriegsgericht zu stellen oder zumindest Sanktionen gegen die Türkei zu verhängen, wurde dem mittlerweile alleinigen Herrscher der Türkei noch im gleichen Jahr in Deutschland der rote Teppich ausgerollt und Tee serviert.

Schon wieder ließ die deutsche Regierung sich erpressen und verschloss deshalb vor der Realität die Augen. Denn wie schon vor 140 Jahren der Bau der Bagdadbahn durch deutsche Unternehmen die schwächelnde Wirtschaft des Osmanischen Reiches ankurbelte, soll heute deutsches Geld und Know-How dafür sorgen, dass das innertürkische Schienennetz komplett modernisiert wird. Um die Vergabe des attraktiven, 35 Mrd. Euro schweren Auftrags konkurrieren derzeit deutsche Unternehmen gegen chinesische Industriekonzerne. Darum verzichtet die Bundesregierung lieber auf Maßnahmen, die den launischen Präsidenten in Ankara beim Bau seiner Schienen gen China blicken lassen würden. Diese Rechnung sichert der Türkei freie Fahrt auf dem politischen Spielfeld, doch wurde diese Rechnung ohne die freiheitlichen Kräfte der jeweiligen Länder gemacht.

Der Widerstand

Der Hungerstreik der kurdischen HDP-Abgeordneten Leyla Güven und den Tausenden, die mit ihr bereit sind, ihr Leben für eine freie und gerechte Gesellschaft zu geben, bewegt schon heute die Massen – in der Türkei und auch in Deutschland.

Kein Wunder, denn die Umsetzung der einzigen Forderung Leyla Güvens, nämlich die Aufhebung der menschenrechtsverachtenden Totalisolation von Abdullah Öcalan, würde die Aufnahme des 2015 abgebrochenen Friedensprozesses mit der kurdischen Freiheitsbewegung bedeuten.

Anmerkung der Redaktion: Die Veranstaltung "Ankaras Puppenkiste" wird leider nicht wie geplant stattfinden können - wir halten Euch auf dem Laufenden für einen Ersatztermin in Düsseldorf. Am 4.6.2019 ist die "Puppenkiste"-Tour aber zu Gast in Bonn und Bochum. Mehr dazu hier: https://facebook.com/ankaraspuppenkiste

Vortragsreihe
Fr., 7. Juni, ab 17 Uhr
die Veranstaltung beginnt pünktlich um 18h
Heinrich-Heine-Uni / Universitätsstr. 1