Wohnraumschutzsatzung der Stadt Düsseldorf
- wirksames Mittel gegen Wohnungsnot oder nur ...

... ein stumpfes Schwert?

Die Situation in Düsseldorf ist brisant:
Es fehlen mindestens 50.000 Wohnungen, die für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen bezahlbar sind. Die bisherige Wohnungspolitik der Stadt Düsseldorf hat dazu geführt, dass immer mehr Luxusmiet- und -eigentumswohnungen entstanden sind, die große Teile der Bevölkerung nicht bezahlen können. So gibt es in Düsseldorf nicht zu wenig, sondern überwiegend die „falschen“ Wohnungen.

Nach dem Wohnungsbericht der Stadt für 2017 gibt es in Düsseldorf 356.661 Wohneinheiten mit durchschnittlich 74,8 qm. Bei 642.000 Einwohner macht dies für alle, ob Kleinkinder, Teenager oder Erwachsene ca. 43 qm Wohnfläche. Also für eine vierköpfige Familie 172 qm. Das sollte reichen – wenn es solidarisch und sozial gerecht zuginge.

Ca. 50 % der Düsseldorfer*innen haben einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und damit auch einen Anspruch, eine Sozialwohnung zu beziehen. Aber nur 4,5 Prozent der Wohnungen sind preisgebundene Sozialwohnungen. Von 2008 bis 2018 ist die Anzahl der preisgebundenen Sozialwohnungen von 26.302 auf 15.469 zurückgegangen.

Dagegen stehen in Düsseldorf ca. 13.000 Wohnungen seit mehr als drei Monaten leer, zwischen 3.500 und 7.000 Wohnungen werden zur Zeit dauerhaft kommerziell touristisch vermietet. Damit werden fast 20.000 Wohnungen dem Wohnungsmarkt und damit den Wohnungssuchenden in Düsseldorf entzogen. Auch bisher noch bezahlbare Wohnungen werden somit zunehmend als Spekulationsobjekte oder als Tourist*innenwohnungen missbraucht.

Zweckentfremdungssatzung

So ist es zunächst erfreulich, dass der Stadtrat sich endlich entschlossen hat, mit einer Wohnraumschutzsatzung gegen diesen Missstand vorzugehen. Sie könnte ein wirkungsvolles Instrument gegen Wohnungsnot in Düsseldorf sein.

Schon seit Jahren wird über sie als Mittel gegen die angespannte Wohnsituation in Düsseldorf diskutiert. Es existieren sogar schon verschiedene Satzungsentwürfe. Jedoch hat die FDP eine Verabschiedung immer verhindert. Der Partei gingen die Entwürfe stets zu weit. Sie sah die Intressen ihrer Wähler*innen gefährdet.

In der Sondersitzung des Rates lagen also zwei Entwürfe vor: einer von der Ampel-Kooperation und einer von der Fraktion der Linkspartei.

Am 29.8.2019 beschloss der Rat der Stadt Düsseldorf mit Mehrheit den Entwurf der Ampel.

Doch was ist hier eigentlich entschieden worden?

Eine Kommune hat die Möglichkeit, gegen Leer­stand von Wohnungen und gegen die Vermietung als Tourist*innenwohnungen durch Plattformen wie AirBnB oder booking.com vorzugehen.

In einer Wohnraumschutzsatzung/Zweckentfremdungssatzung können die Kommunen Zweckentfremdung mit einem Bußgeld ahnden, mit Ausgleichszahlungen belegen oder auch ganz verbieten.

Der Entwurf der Ampelkooperation wies allerdings erhebliche Mängel auf und war in dieser Form nicht dazu geeignet ist, die Wohnungssituation in Düsseldorf zu verbessern.

Mit wenigen, aber entscheidenden Änderungen hätte dies durchaus korrigiert werden können. Nachdem dies deutlich wurde, hat das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum mit unterschiedlichen Aktionen auf diese Mängel und Gefahren aufmerksam gemacht.

Bündnis geht in die Offensive

Vor einem Miethaus in der Schmiedestraße 2 in Oberbilk, in dem sechs Wohnungen bei AirBnB als Tourist*innenwohnung angeboten wurden, wollte das Bündnis durch eine öffentliche Begehung einer der Wohnungen das Problem verdeutlichen und zeigen, welcher gut erhaltene Wohnraum hier dem Wohnungsmarkt entzogen wird. Auch wurde hier deutlich, wieviel Gewinn mit der kurzfristigen Vermietung dieser Wohnungen über AirBnB erzielt werden kann. In diesem Fall konnten die Vermieter*innen mit den Wohnungen in Oberbilk und zwölf weiteren in Dormagen fast 70.000 Euro verdienen, weitaus mehr als mit normaler Vermietung.

Die Eigentümer*innen drohten den Protestierenden bereits im Vorfeld und wechselten kurz vor der Aktion die Schlösser aus, so dass eine Begehung nicht stattfinden konnte. Dennoch wurde diese Aktion in den Medien und der Öffentlichkeit stark beachtet.

Vor der Ratssitzung demonstrierte das Bündnis gemeinsam mit verschiedenen Organisationen und Initiativen für eine wirksame Zweckentfremdungssatzung. Alle Ratsmitglieder wurden vom Bündnis persönlich angeschrieben mit den Aufforderungen, die Satzung eindeutig für bereits bestehende Zweckentfremdung gelten zu lassen und nicht erst für zukünftige, den zulässigen Leerstand von sechs auf drei Monate zu begrenzen, eine wirkungsvolle Ausgleichszahlung zu vereinbaren, ausreichend Personal einzustellen und dieses mit den notwendigen Auskunfts- und Kontrollrechten auszustatten sowie die Laufzeit auf fünf Jahre festzusetzen, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.

Nur eine Forderung wurde erfüllt

Der kurzfristige Vermietung als Tourist*innen­wohnung durch Plattformen wie AirBnB u.ä. sind zwar auf Druck des Bündnisses ab sofort antragspflichtig. Das kann durchaus als Teilerfolg der außerparlamentarischer Bündnisarbeit gesehen werden.

Die übrigen Forderungen wurden aber nicht berücksichtigt. Es gibt kein zusätzliches Personal, keine Auskunftspflicht und Kontrollrechte, keine Ausgleichszahlungen, die zweckgebunden der Schaffung bezahlbaren Wohnraums dienen und für spekulativen Leerstand besteht weiterhin Bestandsschutz. Nach 24 Monaten ist der ganze Spuk vorbei, dann soll die Satzung außer Kraft gesetzt sein.

Ob die Zweckentfremdungssatzung in dieser Form wirklich wirksam ist oder doch nur ein stumpfes Schwert bleibt, werden die nächsten Monate zeigen. Ohne ausreichendes Personal mit den notwendigen Befugnissen, ohne Ausgleichszahlungen und mit der Befristung auf zwei Jahre ist dies aber mehr als fraglich.

Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum wird dies weiter kritisch beobachten und mit weiteren Aktionen auf die Missstände aufmerksam machen.

Weitere Projekte

Doch auch mit einer wirksamen Zweckentfremdungssatzung wird die angespannte Wohnsituation in Düsseldorf nicht behoben sein. Es gibt noch zahlreiche andere Probleme, die dringend angegangen werden müssen. Hier nur einige Beispiele:

Vonovia, Deutsche Wohnen und LEG, im Dax oder MDax gelistete Wohnungsaktiengesellschaften plündern im Interesse ihrer Aktionär*innen ihre Mieter*innen aus. So geht von jeder Monatsmiete der LEG ca. 150 Euro direkt über die Dividende an die Aktionär*innen, u. a. über 25 Mill. direkt an die US-Finanzheuschrecke BlackRock. Die LEG war bis 2008 eine am Gemeinwohl orientierte öffentliche Gesellschaft des Landes NRW, bis sie von CDU und FDP an eine Tochter des US-Finanzriesen Goldman Sachs verhökert wurde. Die Zeche zahlen jetzt die Mieter*innen.

Aber auch kleinere Hauseigentümer*innen wittern ihre Chance auf hohe Profite. So werden Wohnungen entmietet oder modernisiert und die Kosten auf die Mieter*innen umgelegt. Häuser werden zu hohen Immobilienpreisen verkauft oder in Eigentumswohnungen umgewandelt.

Gegen diese Praktiken hilft nur solidarisches Handeln der Betroffenen.

Milieuschutzsatzung

Durch eine Milieuschutzsatzung könnten diese Mechanismen verhindert werden. Die Stadt Düsseldorf könnte so für die Sicherheit ihrer Büger*innen sorgen und sie gegen Spekulation mit ihren Wohnungen und Luxussanierungen schützen. Mit einem Bürger*innen-Behren wird sich das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum für die Verabschiedung dieser Satzung einsetzen.

Der Satz: „Der Kampf geht weiter!“ klingt manchmal etwas abgedroschen. Aber er bleibt wichtig und richtig. Letztendlich wird nur ein Wechsel zu einer sozialen und solidarischen Wohnungspolitik wirklich das Menschenrecht auf Wohnen verwirklichen können.

Bündis für bezahlbaren Wohnraum