Reihern mit Bayern! Rinder statt Kinder!

Heute ist es amtlich: Deutscher Fußballmeister 2000 ist der FC Bayern München. Und jetzt geschieht etwas Seltsames mit mir: Ich kann mich nicht mehr wirklich über so etwas aufregen. Werde ich zu alt für Emotionen? Wohl kaum, aber der inbrünstige Glaube, daß sich im Laufe eines Lebens irgend etwas ändern kann, schwindet. Bayer wird niemals Meister. Egal, wie sie spielen. Aufmerksame Beobachter wie ich stellen fest: Sie tragen oft rote Trikots. Das verbindet mit den anderen Loosern der Gesellschaft, den deutschen Linken. So wie Ulf, Ze Roberto und die anderen immer im entscheidenden Moment versagen, so werden die Linken, vertreten durch Genies wie die MLPD (Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!) immer wieder überraschende Rückschläge hinnehmen müssen. Na ja, was solls, ich trage mein Schicksal mit Demut. Sollte der sympathische Oppositionsführer Jürgen Rüttgers dies hier lesen, dann glauben Sie mir: Mit dem vernünftigem Vorschlag "Rinder statt Kinder" hätten Sie die Wahl zweifellos gewonnen. Weniger Kinder in einer übervölkerten Welt und der Rest müßte mit mehr Rindern nicht mehr hungern, auch nicht in Indien, falls sie dort Ihre Religion aufgeben sollten. Also für das nächste Mal..... Viele Menschen finden den Boxsport abstoßend und primitiv, was bis zu einem bestimmten Punkt durchaus verständlich ist. Ich hingegen gehöre zu den Alten und Weisen, die in ihrer Kindheit nachts Muhammad Ali im Ring (wenn auch nur den späten Ali im TV) bewundern durften. Und das diese Kämpfe grandios waren und vor allem diese Persönlichkeit mehr als ein tumber Schläger ist, kann man in dem Film "When we where Kings" bereits sehr schön sehen. Aber wer sich die Mühe macht, David Remnick: King of the World (Berlin Verlag) zu lesen, bekommt einen sehr lehrreichen Einblick in die Zeit der frühen Sechziger in den USA, zerissen nicht nur in Klassen, sondern auch in "Rassen". Muhammad Ali wurde, während er seinen ersten WM Titel erkämpfte, durch Freundschaft unter anderem mit Malcom X zur Nation of Islam bekehrt, was ihn in Gegensatz zur weißen Gesellschaft, Sportkritik usw. aber auch in Konflikt mit schwarzen Bürgerrechtlern brachte. Also: Wer wissen will, warum aus Cassius Clay Muhammad Ali wurde, eingebettet in eine spannende Beschreibung des Lebens in den Staaten der frühen Sixties, der sollte sich dieses sehr gut geschriebene Buch schnappen. Nun zur Musik. Eigentlich ein Thema, zu dem mir immer weniger einfällt. Wobei ich natürlich mit Respekt bemerkte, daß die 18 Jahre alte Britney Spears angeblich an ihrer Autobiographie arbeitet. Cool! Oder Gloria Estevan im Spiegel erzählt, daß Fidel Castro die Einbeziehung moderner Musik in die kubanische Kultur verhindert. Dabei hört man westlichen Pop-Schrott in Cuba reichlich. Falls Estevan recht hätte: Ein Hoch auf den Maximo Leader und den Joschka-Fischer-Preis des Monats (ein notwendiges Pendant zum Raab-der-Woche) im Nonsens-Labern an Estevan. Nun gibt es noch das elende Phänomen, daß da, wo die Linke ihre kulturelle Hegemonie verloren hat, z.B. im Bereich jugendlicher Renitenz, unweigerlich Rechtaußenausleger versuchen, diesen Platz einzunehmen. Im Unrast Verlag ist ein Buch namens WHITE NOISE erschienen, im dem man die internationale Entwicklung von rechtsextremer Musik und Jugendkultur von Nazi Skins bis rechten Grufties nachlesen kann. Unangenehmes Thema, aber nicht unwichtig! So, zum Abschluß seien noch zwei Platten empfohlen. Als da wären: Lou Barlow und Rudy Trouve'(Sub Rosa), ersterer vor Urzeiten bei Dinosaur Jr. und dann bei Sebadoh, zweiterer ein mir unbekannter Belgier. Eine Split LP mit ganz ruhigen, versponnenen Instrumentals, die dabei aber gelegentlich zickig und seltsam erscheinen und ab und an wie früher Sonic Youth-Lärm mit Akustik-Gitarre klingen. Mir gefällt so etwas heute sehr gut. Es ist ein weiter Weg vom Butthole Surfers-Fan bis hin zu so Sachen. Ebenfalls sehr gut in Ihrer ruhigen Verschrobenheit gefällt mir das dritte Album der Eels: Daisies of the Galaxy (Dreamworks). Der Sound ist gar nicht so leicht zu beschreiben, sie bedienen sich verschiedenster Musikstile der letzten vier Jahrzehnte. Vom Folksinger-Songwriter bis hin zu krachigen Einlagen. Aber die Ruhe dominiert, es ist eine sehr schöne ruhige Platte.

FEHRI

PS.: O.K., DA ICH WÄSCHEKÖRBEWEISE BESCHWERDEBRIEFE BEKOMMEN HABE, HIER NUN EINE RICHTIGSTELLUNG. IM WAHN DES KREATIVEN SCHREIBENS, HABE ICH IN DER LETZTEN NUMMER AUS DEN KNOXVILLE GIRLS SCHLICHT CHILDREN GEMACHT. PARDON!