Kunsthalle weit verspätet entschieden

- gerade rechtzeitig für die CDU-Mehrheit im Kulturausschuss

Schon lange zieht sich die öffentliche Diskussion um die Kunsthalle hin, seit fast drei Jahren ringen KünstlerInnen mit KulturpolitikerInnen. Als Widersacher allen voran: Kulturdezernent und Jurist Grosse-Brockhoff (CDU), der eine größtmögliche Privatisierung der Kunsthalle anstrebte.

Nun scheint sich seine Aussitztaktik endlich bezahlt zu machen, wir schreiben das Jahr 2000 und durch den Kommunalwahl-Sieg hat die CDU mittlerweile die Mehrheit im Kulturausschuss. Die ehemals städtische Kunsthalle erhält die rechtliche Form einer gemeinnützigen privaten GmbH, deren Gesellschafter mindestens je 20.000.- DM (10.000.-Euro) einbringen müssen. Die Stadt übernimmt dabei als Gesellschafterin einen Gesamtanteil von 50 Prozent, der Rest soll sich auf den Kunstverein (25,1%), optional die Stadtsparkasse und auf Dritte verteilen. Der Vertrag ist so aufgebaut, dass die meisten Forderungen der KünstlerInnen plötzlich als "rechtlich nicht machbar" erscheinen. Denn die Bestimmung vieler inhaltlicher Punkte liegt von nun an allein bei den Gesellschaftern und dem Aufsichtsrat der GmbH.

Schön blöd für alle, insbesondere die Künstlerinnitiative und die Künstlerinnen Gruppe, die ihre Zeit im Kunstbeirat, auf Podiumsdiskussionen, mit Konzepten und Sachrecherche zugebracht haben - in der Illusion, in die Diskussion von Politikerseite her integriert worden zu sein, und tatsächlich Einfluss nehmen zu dürfen. Ein Traum von Demokratie.

Leider aber war die Neukonzipierung der Kunsthalle von vornherein Chefsache, also die Angelegenheit des Kulturdezernenten Grosse-Brockhoff, der allein für die endgültige Ausarbeitung der durch den Kunstbeirat vorgeschlagenen Eckpunkte zuständig war, die er nach Fertigstellung dem Kulturausschuss vorzulegen hatte, einem neuen Kulturausschuss, der mit den Ideen des Dezernenten mehrheitlich d'accord war.

Eigentlich typisch Politik: Hinzu kam noch, dass die Aussitztaktik gleichzeitig eine Auslaugetaktik des Themas Kunsthalle mit einschloss. Niemand der neu hinzugekommenen CDU- und der wieder neu dabei seienden FDP-PolitikerInnen war je in öffentlichen Diskussionen mit den von der Künstlerschaft geforderten Inhalten konfrontiert worden. Es kostete sie lediglich ein Achselzucken, als KollegInnen von SPD und Grünen auf der entscheidenden Kulturausshuss-Sitzung noch einmal auf die Frauenquote bestanden. Nur die Grünen lehnten das Konzept des Dezernenten ab, und forderten nochmals vergeblich die Einhaltung der im Votum aufgeführten Punkte. Dieses Votum war gemeinsam mit VertreterInnen der Künstlerschaft erarbeitet worden (Der Kunstbeirat berät den Kulturausschuss und entsendet ein Votum, eine Empfehlung an ihn).

Auszüge aus dem Votum des Kunstbeirats vom 17.02.1999 (dem Votum ging 1 Jahr intensive Beratung voraus):

- Der Beirat für bildende Kunst fordert den Erhalt des Gebäudes Kunsthalle am Grabbe-platz als renommierten Ausstellungsort für Wechselausstellungen internationaler Gegenwartskunst. gewährleistet!

- Forum und Umschlagplatz aktueller experimenteller künstlerischer Ideen. Nationale und internationale Kunst der Gegenwart soll gezeigt werden, der Rückbindung in die regionale Kunstszene kommt hoher Stellenwert zu. bedingt gewährleistet! (nur laut Präambel, Rückbindung in die örtliche Kunstszene im Gesellschaftervertrag nicht formuliert.)

- Langfristiger Erhalt der Kunsthalle als städtisches Institut im bestehenden Gebäude. nicht gewährleistet, GmbH ist nicht städtisch, sondern privat, (obwohl Anteil Stadt 50 %)

- Die Leitung der Kunsthalle wird international ausgeschrieben und durch ein Fachgremium gewählt. nicht gewährleistet! Nicht erwähnt!

- Vorzugsweise sollte jungen Kuratorinnen und Kuratoren (AusstellungsmacherInnen) ein Forum gegeben werden. nicht gewährleistet!

- Finanzierung: Es sind die notwendigen Mittel bereitzustellen, um ein anspruchsvolles Ausstellungsprogramm mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit zu ermöglichen. Finanzierung von Anfang an zu knapp! - Jetzt sogar fast ein Drittel weniger! Durch Gesellschaftervertrag wird Personal des Kunstvereins mitfinanziert (ca 250.000 plus 30.000 Eintrittsanteile jährl.), Kunsthallen-GmbH muß Instandhaltungskosten an Stadt entrichten (jährl. 450.000), bis jetzt keine Aufstockung des Etats in Sicht! 3. Gesellschafter Stadtsparkasse hat noch kein konkretes Finanzierungsangebot.

- Pilotprojekt 50 %ige Frauenquote sowohl im Bereich a) Ausstellungsbeteiligung, b) Besetzung von Gremien und der Einstellung von KuratorInnen. a) + b) nicht gewährleistet!

Das Beispiel Kunsthalle hat gezeigt, dass Juristen (der Kulturdezernent) in der Politik nicht beizukommen ist, ein Jurist in der Politik ist kein gleichberechtigter Partner. Da helfen auch keine 10 Podiumsdikussionen, keine 2000 Unterschriften der KünstlerInnitiative. Da ist politisches Engagement Zeitverschwendung!

Künstlerinnen Gruppe / Künstlerinnitiative