Leserbrief zur Terz 09/2000

"Krach beim Neusser Monat"

In Eurer Septemberausgabe beschäftigte sich ein Kollege oder eine Kollegin Eurer Redaktion mit der Auseinandersetzung innerhalb der "Neusser Monat"-Redaktion bezüglich der Bewertung des Parlamentarismus und vor allem der in seinem Rahmen von der PDS wahrgenommenen Funktion. Leider ist meine Position in diesem Streit durch Eure Zeitung nicht korrekt wiedergegeben worden. Angeblich soll ich unter Hinweis auf Lenins Befürwortung der Teilnahme an Wahlen die Arbeit der PDS als "revolutionär" gefeiert haben. Um dieser meiner angeblichen Haltung entgegenzutreten, wird am Ende des Artikels ironisch kritisiert, daß die Abgeordneten der Neusser Stadtratsfraktion Unabhängige / PDS die neue Landeshundeverordnung begrüßt hätten. Wer meinen Artikel im Neusser Monat Nr. 04/2000 liest, wird keine Zeile finden, wo ich der Arbeit der PDS "revolutionären" Charakter zubillige. Ich trat lediglich für ein taktisches Verhältnis zu dieser Partei ein, da sie im Parlament als Sprachrohr (wenn auch wirklich nur) bestimmter progressiver Forderungen auftreten kann. Ich erinnerte in diesem Zusammenhang an die Ablehnung von Bundeswehr- und UNO-Kampfeinsätzen. Der Hinweis auf Lenins Befürwortung der Wahlteilnahme sollte keineswegs die PDS zur Vorhut der Revolution stilisieren, sondern sich nur gegen eine ultralinke Parlamentarismuskritik wenden, die darauf hinausläuft, sich von der z.B. agitatorischen Nutzung der parlamentarischen Tribüne selbst voreilig auszuschließen. Dieses Problem kann eben nicht leichthin abgetan werden mit der Bemerkung, es gehe doch nur darum, seine Stimme "wegzugeben". Von der bisherigen praktischen Arbeit der PDS ist in diesem Zusammenhang noch gar nicht die Rede, geht es doch zunächst nur um die prinzipielle Einschätzung des Parlamentarismus. Und ebensowenig, wie ich aus den PDS-Parlamentariern Bolschewiki im Geiste Lenins machen möchte, so wenig sehe ich im Parlament ein politisches "Machtzentrum", welches ich eher in den Chefetagen der Deutschen Bank vermuten würde. Darauf, daß ich es aber für möglich und sinnvoll halte, mit der von mir "von links" kritisierten reformistischen PDS in bestimmten Punkten Bündnisse einzugehen, wie z.B. in der Friedenspolitik, habe ich bereits hingewiesen. Bezüglich der Bildung der Neusser Stadtratsfraktion Unabhängige / PDS habe ich mich mit gutem Grund eines (zu frühen) Urteils enthalten. Aber auch wenn Euer Redaktionsmitglied sich über die PDS-Zustimmung zur Landeshundeverordnung geärgert hat, so muß ich doch sagen, daß ich es im kommunalpolitischen Bereich für interessanter und wichtiger hielt, daß die Neusser PDS den jüngsten Stadthaushalt mit guten Hinweisen auf seine soziale Unausgewogenheit abgelehnt hat. Ich denke, daß es immer schwieriger, aber auch sinnvoller ist, Möglichkeiten von Bündnispolitik vor Ort richtig einzuschätzen, als sich im Elfenbeinturm der Selbstzweckradikalität allein zu genügen.

MIT FREUNDLICHEN GRÜßEN, ERIK PENNER