David Goldblatt

Intersections

17. Juni – 21. August 2005 im Museum Kunst Palast

“Platteland Intersections”, so heißt eine neue Werkgruppe von Fotos des südafrikanischen Künstlers David Goldblatt. Er war auch schon in “Afrika Remix” vertreten, und wer 2002 zur Documenta 11 gepilgert war, konnte dort die Jo’burg Intersections (Johannesburg) sehen, die sich mit dem urbanen Raum beschäftigen. Mit den “Intersections” beginnt für den Fotografen, der seit den 60ern in Schwarz-weiß arbeitete, eine Zuwendung zur Farbfotografie.

Parallel stellte Goldblatt auf der Dokumenta die “Boksburg” Serie aus, die weiße Afrikaner in ihren großbürgerlichen Interieurs zeigt, deren Glanz reichlich abgegriffen wirkt, unzeitgemäß ausgestattet mit nationalistisch anmutenden Flaggen und einer Möblierung, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammen könnte.

David Goldblatt kommt aus einer jüdischen Familie, die um 1890 aus Litauen nach Südafrika einwanderte. 1930 geboren, wendete er sich seit 1963 professionell der Fotografie zu. Die technischen Kenntnisse brachte er sich selbst bei. Die 1961 gegründete Republik Südafrika begriff sich ironischerweise trotz Apartheid als demokratisch, es gab Parteien (ANC verboten), und es gab so etwas wie den Spiegel, ein liberales, im Rahmen des Möglichen kritisches Politikmagazin. Goldblatt arbeitete als Fotojournalist für dieses Magazin. Sein politisches Bewußtsein war geprägt von der rigiden Umstrukturierung zur Rassentrennung. Er nahm auch Aufträge in der Werbung an, fotografierte für Mercedes. Kunst und Auftragsarbeiten trennte er dabei streng. Doch hat ihn das jahrelange formulieren politischer Kritik zwischen den Zeilen mit Sicherheit auch künstlerisch beeinflußt.

Sein künstlerisches Werk dokumentiert die persönlichen Schicksale der Unterprivilegierten. Aus der gleichen distanzierten Perspektive heraus zeichnet er ein Bild von der weißen Apartheidsgesellschaft. Auch Landschaft wird für ihn zum Träger von Aussagen über politische Verhältnisse. Seine neueren Farbfotos zeigen vielfach Vorstadtgebiete, wie die Alexandra Townships hinter einem großen Highway bei Johannesburg. Townships sind die Wohngebiete der schwarzen Bevölkerung, die teils in Minen, im Straßenbau etc. eingesetzt wurde. Noch heute, gut 10 Jahre nach der Apartheid, ist diese “Arbeitsteilung” weitestgehend unverändert. Auch das klein-merkantile Einzelschicksal am Straßenrand zeigt Goldblatt: ein Schwarzer, der Reisigbesen an einer abgelegenen Straßenkreuzung zum Verkauf als Pyramiden drappiert hat. In der Arbeit “Fernando Augustos” sind vier Menschen einem Minenschacht, der mit Wasser vollgelaufen ist zu sehen. Es handelt sich um die Ponfret Blue Asbestos Mine in der Nord-West Provinz des Landes. Das gesamte Gebiet ist blau-asbestverseucht, und die Sterblichkeitsrate durch Krebs in diesem Gebiet hat zu Skandalen geführt. Doch dies ist kein Einzelfall.

Im Museum Kunst Palast sind jetzt ca 80 Fotos aus der Platteland- und der Jo’burg-Serie zu sehen. Die Ausstellung wurde von Direktor Jean-Hubert Martin gemeinsam mit dem Kurator Dr. Christoph Danelzik-Brüggemann konzipiert. Der Kurator sprach mit Goldblatt über die aktuelle Situation in Johannesburg. “Die Innenstadt ist quasi durch die schwarze Bevölkerung übernommen worden” (77 % der Bevölkerung sind Bantu). In den 70er Jahren konnte der Künstler sich dort noch ungehindert mit der Kamera bewegen. Das ist für Weiße an manchen Ecken mittlerweile lebensgefährlich. Allerdings gelingt es ihm doch, unversehrt auch Fotos in der Innenstadt zu schießen.

Fenja Braster

Museum Kunst Palast
Ehrenhof 4-5
Di – So, 11 – 18 h