TERZ 06.05 – LAUSIGE ZEITEN
Im Moment findet in Magdeburg ein Revisionsprozess gegen zwei Antifaschisten statt. Im vorherigen haarsträubenden Indizienprozess wurden sie wegen angeblich von ihnen begangener Brandanschläge zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Am 22. Februar diesen Jahres ging der Staatsschutzprozess gegen Aktivisten der Magdeburger Linken in die zweite Runde. Anderthalb Jahre zuvor sprach der 1. Senat des Oberlandesgerichts Naumburg das Urteil gegen die zuvor nach § 129 a 3 Angeklagten antifaschistischen Internationalisten: 2 1/2 Jahre ohne Bewährung und sämtliche Verfahrenskosten für Marco, 2 Jahre ohne Bewährung für Daniel und Freispruch für Carsten. Ihnen wurde und wird vorgeworfen, mit anderen unbekannten Menschen Brandanschläge gegen das Magdeburger LKA Gebäude und einem BGS Mannschaftswagen, gegen Daimler Chrysler Fahrzeuge, ein Autohaus und gegen Fahrzeuge der deutschen Telekom begangen zu haben. Zu den Anschlägen bekannten sich verschiedene militante Gruppen, welche ihren Ursprung in der linksradikalen Gruppe Autonomer Zusammenschluß [Magdeburg] gehabt haben sollen.
Der damalige Vorsitzende Richter Hennig ließ dies auch in der mündlichen Urteilsverkündung voll zur Geltung kommen, denn er könnte sich einfach vorstellen, dass sie die “Straftaten” begangen haben, es gibt zwar keine eindeutigen Beweise, aber allein ihre politische Gesinnung scheint wohl zu reichen. Gleichzeitig relativierte er im Urteilsspruch den Holocaust, indem er brennende Fahrzeuge mit brennenden Synagogen verglich.
Dass die angeklagten Mitglieder des Autonomen Zusammenschluß [Magdeburg] waren, der eine konsequente antifaschistische Praxis in Magdeburg vorantrieb, den antifaschistischen Selbstschutz organisierte in einer Stadt, in der zwei Punks von Nazis ermordet wurden, es Alltag ist, dass MigrantInnen gejagt und erniedrigt werden und die Polizei Nazis schützt, bleibt da natürlich außen vor.
Am 22. Februar fand der Revisionsprozess gegen Marco statt. Es ging ausschließlich um die Verhandlung des Strafmaßes in der der Richter Braun das Urteil von 2 1/2 Jahren erneut bestätigte. Das Revisionsverfahren von Daniel begann am 5. April und wurde aufgrund eines Verfahrensfehlers komplett neu aufgerollt. Auf Drängen des Richter Braun wurden erneut alle Zeugen vorgeladen denen, bei Verweigerung der Aussage ebenfalls Repression bis zur Beugehaft drohen. Bereits am 26.April verhängte Richter Braun gegen Marco Beugehaft und zusätzlich 1.000 Euro Strafe da er die Aussage verweigerte.
“…Wir werden auf keinen Fall Aussagen in diesem Verfahren machen, da wir dies nicht mit unserem Gewissen und unserer politischen Identität vereinbaren können. Auch eventuell verhängte Repressionsmaßnahmen werden uns von diesem Standpunkt nicht abbringen. Sondern uns und unser Verhältnis zu diesem System und diesem Spektakel hier eher stärken, da es uns und anderen Menschen weitere Einblicke in die Ungerechtigkeit dieser Verhältnisse aufzwingt.” (Auszug aus der Erklärung des ZeugInnenkollektivs zur Aussageverweigerung)
Am 18. Juni 2005 wird eine bundesweite Antirepressionsdemo in Magdeburg stattfinden: 15 Uhr Kundgebung – 17 Uhr Demobeginn.
Weitere Infos unter: http://www.soligruppe.de
Anstatt sich brav dem Kalender zu unterwerfen und zähneknirschend hinzunehmen, dass der 1. Mai in diesem Jahre auf einen Sonntag fiel, forderten die Griechen, dass der 1. Mai diesmal verlegt wird. Da die griechische Regierung dieser Forderung nicht nachkam wurde für den 11. Mai der Generalstreik ausgerufen. Landesweit legte die Arbeitsniederlegung das öffentliche Leben lahm.
In Düsseldorf leben die meisten Einkommensmillionäre in NRW. 240 verdienen mehr als 1 Million Euro im Jahr. Die meisten Großverdiener mit über 500.000 Euro im Jahr leben in Köln (730) vor Düsseldorf (709). Neben den vielen Gutverdienenden gibt es in Düsseldorf aber viele Schlechtverdienende. 15 bis 17 Prozent der Düsseldorfer leben in Armut. Im NRW-Schnitt sind es 14 Prozent. Genauere Zahlen gibt aber es nicht. Der letzte Armutsbericht stammt aus den 90ern, mit damals erschreckenden Ergebnissen. Seitdem weigert sich die CDU mit OB Erwin einen neuen aufzulegen.
Der Streit um die so genannten Bilker Arcaden eskaliert langsam. Wie oft berichtet, wird dem Investor mfi und den Befürwortern des Projektes vorgeworfen, die eigentliche Quadratmeterzahl der Verkaufsfläche wissentlich auf den Plänen zu verkleinern. Für erheblichen Ärger sorgte eine Umfrage der städtischen Werbegemeinschaft “Düsseldorf Destination”. Mit manipulativen Fragestellungen wurde versucht den Protest zu negieren um dann mit dem Ergebnis der Umfrage für den Bau zu werben. Aber nur wenige Antworten kamen überhaupt zurück. Zu offensichtlich war der Versuch der Werbegemeinschaft, die Mitglieder zu instrumentalisieren, von denen viele auch Gegner des Projektes sind.
Nun ist es auch in Düsseldorf soweit: Nach Bielefeld und Mönchengladbach ist Düsseldorf die dritte NRW-Stadt, in der eine von der Polizei betriebene Videoüberwachungsanlage läuft. Künftig heißt es den Schnittpunkt von Bolker-, Hunsrücken-, Neustraße und Heinrich-Heine-Allee - dem sogenannten “Bolker Stern” - zu meiden, möchte man nicht auf Video getaped werden oder sich dem Voyeur-Vergnügen der Beamten aussetzten. Untersuchungen belegen schon lange, wer da häufig ins Visier der Kontrolleure gerät: Gut aussehende junge Frauen und Ausländer. Die einen zum sexistischen Vergnügen, die anderen aus rassistischen Gründen, da die Polizei ihnen von vornherein eine hohe Neigung, Verbrechen zu begehen, unterstellt. Auch wenn die PropagandistInnen der Big Brother Manie gebetsmühlenartig die angebliche Effizienz wiederholen, belegen seriöse Studien, vor allem aus dem Big-Brother-Wunderland Großbritannien, längst das Gegenteil. Trotz einer extrem hohen Dichte von Videokameras steigt die Kriminalität schon länger wieder stetig an.
Mit der Observierung, die angeblich dazu dienen soll, Straftaten zu verhindern bzw. begangene Straftaten aufzuklären wird aber eben auch zugleich Kontrolle über alle dort zufällig Langlaufenden ausgeübt. Und wer sich kontrolliert fühlt oder eben wie am Bolker Stern, unsichtbar gefilmt wird (wobei in den Presseerklärungen immer euphemistisch von “Videobeobachtung” und nicht “Videoüberwachung” geredet wurde), dessen “Recht auf informationelle Selbstbestimmung” wird verletzt, schließlich werden hier “personenbezogene Daten” erhoben und gespeichert. Eine immer weiter fortschreitende Kontrolle wird Angepasstsein und Problemverdrängung Vorschub leisten. Das stellte schon das “Volkszählungsurteil” des Bundesverfassungsgerichts von 1983 fest.
Und OB Erwin möchte noch viel mehr Kameras, und die am besten in den Händen seines städtischen Ordnungs- und Sicherheitsdienstes. Die Kosten dieser polizeilichen Videoüberwachung betragen knapp 100.000 Euro und werden vom Land übernommen. Die Bilder werden auf Monitore in die wenige Meter weiter liegende Altstadtwache übertragen, rund um die Uhr aufgezeichnet und in der “Kernzeit” von 15 bis 6 Uhr auch von Beamten ausgewertet. Nach einem Jahr wird erneut entschieden, ob der Pilotversuch verlängert wird. Solange sollte man nicht warten: Weg mit den Videokameras - mit allen Mitteln.
Wer immer noch der Propaganda der Bundesregierung und Bundesanstalt für Arbeit glaubt, dass mit den 1-Euro-Jobs keine Arbeitsplätze wegfallen, ist selber Schuld. Der Wuppertaler Verein Tacheles hat für Wuppertal eine Liste mit 1000-Ein-Euro-Jobs veröffenlicht, die eine ganz andere Sprache spricht. Ein Großteil der Billigarbeitsstellen werden von den Trägern dazu benutzt, Arbeiten von ALG-II-Empfängern verrichten zu lassen, für die die Träger ansonsten wesentlich mehr bezahlen müssten. Neben der Billiglöhnern erhalten die Beschäftigungsstellen für jede 1-Euro -Kraft mehrere hundert Euro, die zur Weiterbildung vorgesehen sind, oftmals aber einfach in den Taschen der Organisationen verschwinden. Ein tolles System zur zusätzlichen Finanzierung für viele Organisationen, das so oder ähnlich bundesweit angewendet wird und somit sicherlich auch in Düsseldorf funktioniert. Auch in Wuppertal konnte man immer vorher vernehmen, dass so etwas nicht passiert. Bis die Liste auftauchte. Die ist im Internet einzusehen unter: http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2005/eineuro-wuppertal.pdf
Nach der Verdoppelung der an illegalen Drogen Gestorbenen im Jahre 2003 ist 2004 die Zahl leicht von 22 auf 19 gesunken. Dies sind jedoch die offiziellen Zahlen der Polizeistatistik, die mit Vorsicht zu genießen sind, da die Polizei und das Gesundheitsamt der Stadt anders zählt als die Drogeneinrichtungen. Die kamen für die Zeit von Mitte 2003 bis Mitte 2004 auf eine Zahl von über 40 Drogentoten.
Noch wird so getan, als sei alles in Ordnung, doch in der Verwaltung wird man langsam nervös. Schon 1996 verkaufte die städtische Rheinbahngesellschaft die Straßenbahnen an US-amerikanische Gesellschaften, später kam der Betriebshof Lierenfeld und das gesamte Schienennetz dazu. Die Stadt zog nach und verkaufte das gesamte Kanalnetz und die Kläranlagen. In diesen so genannten “Cross-Boarder-Leasings” wurde ein Loch in der US-amerikanischen Steuergesetzgebung ausgenutzt, die den deutschen Gesellschaften und Kommunen durch das Zurückleasen der vorab formal verkauften Liegenschaften zig Millionen einbrachte. RechtsexpertInnen sind sich jedoch uneins über den rechtlichen Status der Geschäfte. So wurde frühzeitig vor diesen dubiosen Geschäften gewarnt. Nun ist der Supergau eingetroffen. Die US-Finanzbehörden haben die Cross-Boarder-Leasingverträge nicht anerkannt und sie sogar als “missbräuchliche Steuerumgehung” klassifiziert. Nun droht eine Rückzahlung und viel Ärger.
Die Sammelwut der Behörden macht vor nichts halt. Weiterhin sammlen einige Polizeibehörden Daten von Homosexuellen oder vermeintlich Homosexuellen – und das 30 Jahre nach Liberalisierung und 10 Jahre nach Abschaffung des sogenannten Schwulenparagraphen §179. Aufgedeckt hat dies der “Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter” (Velspol).
NRW, ebenso wie Thüringen, kaufte für ihre Polizeidienststellen ein Softwareprogramm aus Bayern. In dem von den Polizeibehörden der drei Bundeländer genutzten, von der bayerischen Polizei entwickelten und vertriebenen Computerprogramm namens "IGVP" können in einer Suchmaske unter der Schlüsselnummer 901 Angaben zum “Aufenthalt von Homosexuellen” an bestimmten Orten eingegeben werden. Dieses neue Vorgangs- und Verwaltungsprogramm “IGVP” erlaubt es den Beamten Verkehrsunfälle, Strafanzeigen, Ordnungswidrigkeitenanzeigen und Meldungen mit kompletten Datensätzen von Tätern, Geschädigten und (zufällig anwesende) Tatzeugen zu erfassen. Dieses Programm ermögliche laut Velspol “auch eine Recherche nach Tatörtlichkeit mit einem einzugebenden Zeitraum”. Dadurch sei beispielsweise auch problemlos zu ermitteln, welche Personen sich wann und wie oft an Schwulentreffpunkten oder anderen Örtlichkeiten aufgehalten haben.
Peinlich wird die Sache, weil das Innenministerium erst vor wenigen Tagen Schwulen- und Lesbengruppen aus ganz NRW zu einer Fachtagung zum Thema Vielfalt der Lebensformen nach Düsseldorf eingeladen hatte. Jetzt sei klar, daß das Innenministerium offenbar selbst erheblichen Nachholbedarf in diesem Bereich habe, heißt es in der Szene. Entsetzen herrscht vor allem darüber, daß in Zeiten von Homo-Ehe und rot-grüner Antidiskriminierungspolitik ausgerechnet die von der Schwulenbewegung seit Jahrzehnten immer wieder entschieden bekämpften und von den Behörden ebenso vehement bestrittenen sogenannten “Rosa Listen” bei der Polizei “ein fröhliches Comeback erleben”.
Bereits am 21. März 2005 hatte VelsPol nach eigenen Angaben von der Abteilung IV des NRW-Innenministeriums die ersatzlose Löschung der genannten Schlüsselnummern gefordert. Nach einer Eingangsbestätigung vom 30. März 2005 habe das Ministerium jedoch lediglich mit einer – nicht nähere bezeichneten – “inoffiziellen Benachrichtigung” reagiert.
Anstatt als Arbeitsuchender ständig auf die Absagen zu warten, gehen einige den umgekehrten Weg. Unter dem Motto: “Verkaufen Sie sich nicht unter Wert – sagen Sie lieber gleich ab!” suchen sich Arbeitsuchende Stellenangebote aus und schreiben dem Anbieter eine Absage. Entweder als persönlicher Text oder unter Verwendung eines vorformulierten Textes der Absageagentur. Die will die Arbeitsuchenden aus der Defensive locken. Nach Aussagen von AbsagerInnen machen diese Briefe ihnen viel Spaß, zumal die angeschrieben Firmen sichtlich irritiert sind. Gleichzeitig kritisiert die Absageagentur aber auch die gesellschaftlichen Zustände, die den Wert eines Menschen nur über die Lohnarbeit definiert. Weitere Informationen, vorformulierte Briefe, irritierte Rückschreiben der Firmen und vieles mehr unter www.absageagentur.de
Erst vor ein paar Jahren kam es zu einem Skandal in dem städtischen Altenheim Flehe. Lange versuchte die Stadt die katastrophalen Zustände zu vertuschen, bis das Heim letztendlich geschlossen werden musste. Nun kamen ähnliche Zustände im städtischen Altenheim Gallberg an die Öffentlichkeit. Eine Frau war auf 29 Kilo abgemagert und wurde offensichtlich unzureichend versorgt. Erst eine Besucherin, die eine andere Rentnerin betreut, entdeckte die Frau und alarmierte die Heimaufsicht. Die suchte vergeblich nach einer vollständigen Pflegedokumentation und einem Pflegeplan. Die Geschäftsführung der als GmbH geführten “Städtischen Kliniken und Seniorenzentrum” versicherten treuherzig die Mängel zu beseitigen. Pikant daran ist, dass im Aufsichtsrat der CDU-Politiker Olaf Lehne sitzt, der jüngst in den Landtag gewählt wurde. Er weiß angeblich von nichts und beweist damit, dass er keine Kontrolle und Übersicht über das Altenheim hat. Aber als Aufsichtsratmitglied verdient man ja gutes Geld. Das ist schließlich die Hauptsache. Und irgendwie muss das Geld ja hereinkommen, schließlich ist eine GmbH gewinnorientiert. So spart man eben an der Betreuung. Das Schicksal der Frau ist kein Einzelfall. Nach der Veröffentlichung in der städtischen Presse wurden immer mehr Fälle publik.
Eigentlich schien der geplante Neubau eines Knastes schon besiegelt, aber nun sträubt sich Ratingen mit allen Mitteln dagegen. Eigentlich sollte der Knastneubau 2008 stehen, doch nun sieht alles wieder anders aus. Ratingen sähe anstatt eines Knastes lieber Industrie dort. Dabei muss das doch gar kein Widerspruch sein. Mit dem Zwang zu arbeiten versehen, werden Häftlinge gedungen zu Sklavenlöhnen zu malochen. Die erwarteten 845 Häftlinge sind doch ideal einsetzbar für industrielle Tätigkeiten. Zumal der Knast als PPP-Projekt (Private Public Partnership) zum großen Teil privat betrieben werden soll. Da lassen sich doch noch andere Projekte finden, damit auch ein Knast endlich gewinnorientiert arbeitet.