Rheinmetalls Gewinne steigen

Bomben-Geschäfte

Die derzeitige Weltlage fördert die Nachfrage nach Kriegsgerät aller Art. Davon profitiert auch Düsseldorfs Waffenschmiede Rheinmetall. Sie konnte ihren Umsatz in letzter Zeit kräftig steigern. Die Politik hilft dabei nach Kräften mit. Und dank einer vorausschauenden Geschäftsstrategie hat das Unternehmen noch nicht einmal Rüstungsexport-Kontrollen zu fürchten.

Um neun Prozent auf 1,9 Milliarden Euro erhöhte sich der Rheinmetall-Umsatz in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres. „Wir profitieren mit unserer Defence-Sparte vom wachsenden Bedarf vieler Länder zur Sicherheitsvorsorge, sowohl in zivilen wie in militärischen Bereichen“, erklärt die Rüstungsschmiede. Besonders über die wachsende Nachfrage nach Waffen und Munition freute sich der Konzern. Um 50% stiegen hier die Zahlen gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015.

Allein ein einziger Auftrag hatte das Volumen von 400 Millionen Euro. Er stammte „von einem internationalen Kunden“. Wann immer die Presse­abteilung des Konzerns zu einer solchen Formulierung greift und keine näheren Hinweise zum Besteller-Land gibt, lässt das Schlimmes ahnen. Und tatsächlich zeigt sich die Firma bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner*innen wenig wählerisch. Wie die Broschüre „Hemmungslos in alle Welt. Die Munitionsexporte der Rheinmetall AG“ dokumentiert, stattete das Unternehmen etwa die Sicherheitskräfte Saudi-Arabiens mit Schock- und Splittergranaten aus. Diese fanden Mitte Dezember 2014 auch bei einem „Sondereinsatz“ von rund 100 Spezialkräften gegen Oppositionelle Verwendung, die in al-Awamiya gegen die Exekution des schiitischen Geistlichen Nimr Baqir protestiert hatten. Fünf Zivilist*innen töteten sie dabei. Später fand die Initiative „Americans for Democracy and Human Rights in Bahrain“ in der Stadt sogar noch die deutschsprachige Bedienungsanleitung für die Geschosse. Die Waffenschmiede selbst hält sich dazu bedeckt: „Aus Wettbewerbsgründen und aus vertraglichen Verpflichtungen heraus kann Rheinmetall keine Aussagen in Bezug auf Lieferungen in einzelne Länder tätigen. Einzelheiten militärischer oder polizeilicher Operationen sind uns nicht bekannt.“

Rheinmetall im Jemen-Einsatz

Und selbstverständlich kann Saudi Arabien auch in der Außenpolitik auf Rheinmetall zählen. So schmeißt das Land im Jemen-Krieg Bomben aus der MK-Serie des Unternehmens ab, die aus der Produktion von RWM Italia stammen. Die Rheinmetall-Tochter machte im letzten Jahr mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit dem Scheichtum. Auch die – ebenfalls im Jemen aktiven – Vereinigten Arabischen Emirate belieferte die Gesellschaft mit den Bomben. Da die Rüstungsexport-Bestimmungen der Bundesrepublik eigentlich keine Ausfuhren von Kriegsgerät in Krisen-Regionen erlauben, fragte der Bundestagsabgeordnete Jan van Aken von der Partei „Die Linke“ dazu bei der Bundesregierung nach. Die Antwort lautete: „Die Genehmigung der Ausfuhr aus Italien von Bomben, die das italienische Unternehmen RWM Italia herstellt oder hergestellt haben soll, fiele in den Verantwortungsbereich der italienischen Regierung. Die Bundesregierung hat keine Re-Exportgenehmigungen für eventuell von RWM Italia hergestellte Bomben nach Saudi Arabien ausgestellt. Die Bundesregierung geht deswegen davon aus, dass RWM Italia keine Bomben aus einer deutschen Lizenzproduktion nach Italien geliefert hat.“ Van Aken gibt sich damit allerdings nicht zufrieden und fordert eine Untersuchung des Vorgangs durch das „Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr-Kontrolle“ ob wirklich keine Bomben-Bestandteile von Deutschland nach Italien gingen. Zudem tritt er für gesetzliche Maßnahmen ein. Agnieszka Brugger von den Grünen tut das ebenfalls. „Es braucht endlich ein gemeinsames strenges Rüstungsexport-Regime in Europa, da die Rüstungsunternehmen für den schnellen Gewinn auch skrupellos an brutale Kriegsparteien liefern“, so die sicherheitspolitische Sprecherin ihrer Partei.

Nicht zuletzt um Ausfuhr-Auflagen zu umgehen, treibt der Düsseldorfer Global Player, der bei groß- und mittelkalibriger Munition weltweit bereits zu den drei größten Herstellern gehört, gezielt die Internationalisierung voran. So steuerten allein die Standorte in Italien, Österreich und Südafrika 2015 rund ein Viertel zum Umsatz der Defence-Sparte bei. Der Konzern bietet zu allem Übel sogar noch den Aufbau kompletter Fabriken an und hat sich dafür mit dem Essener Anlagenbauer Ferrostahl zusammengetan. „Rheinmetall verspricht sich aus diesem Joint Venture die Möglichkeit, sein breites wehrtechnisches Portfolio in Kombination mit dem schlüsselfertigen Aufbau lokaler Produktionsstätten zu vermarkten“, heißt es dazu aus der Zentrale. In Algerien zog Rheinmetall schon eine Fertigungsanlage für Fuchs-Transportpanzer hoch, und in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi Arabien wirkte die Firma an der Errichtung von Muni­tionswerken mit. Auch in der Türkei hat der Multi Großes vor. Er hat eine Zusammenarbeit mit dem staatlichen Rüstungshersteller MKEK vereinbart und baut in Tateinheit mit diesem unter anderem eine Produktion für Raketen-Sprengköpfe, Bomben und Plastik-Sprengstoffe auf. „Es ist ein weiterer Mosaikstein in unserer Internationalisierungsstrategie“, mit diesen Worten feierten die Manager*innen den Deal.

Trump ist Trumpf

Aus Berlin bekommen der Düsseldorfer Konzern dabei jede erdenkliche Schützenhilfe. Rheinmetall verfügt über beste Beziehungen zur Politik, nicht erst seitdem das Unternehmen den ehemaligen Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) als Lobbyisten verpflichtete. Gleich über drei Hausausweise des Bundestages – zwei ausgestellt von der CDU und einer von der SPD – verfügt es. Einen besonders sicheren Gewährsmann hat der Konzern in dem sozialdemokratischen Bundestagsabgeordnetem Johannes Kahrs gefunden.

Im Jahr 2005 unterstützte er dessen Wahlkampf großzügig mit Spenden, und Kahrs dankte es als späterer SPD-Berichterstatter für den Verteidigungsetat reichlich. Er setzte sich in seinem Job unter anderem dafür ein, den Ankaufetat für die von Rheinmetall und Krauss-Maffei hergestellten Puma-Panzer um eine Milliarde auf drei Milliarden Euro zu erhöhen. Leidenschaftlich focht der Abgeordnete im Folgenden auch für die Bestellung kleinerer Korvetten-Kriegsschiffe, die Rheinmetall mit Waffen bestückt. Zudem stimmte er 2011 als einziger SPDler gegen einen Antrag, der die Lieferung von Kriegswaffen an Saudi-Arabien unterbinden wollte. Und der Große Vorsitzende Sigmar Gabriel steht seinem Hamburger Genossen kaum nach. Sein Ministerium versuchte den Kauf von Lockhead-Flugzeugen zu hintertreiben und drängte Ursula von der Leyen – vorerst erfolglos – zum Erwerb von Modellen des brasilianischen Herstellers Embraer, denn „[a]m KC390 sind auch deutsche Zulieferer beteiligt“. Rheinmetall etwa hätte für den Flieger das passende Trainings- und Ausbildungsgerät in Angebot. Sogar Donald Trump entpuppt sich, wenn auch eher unbewusst, als ferner Freund der Düsseldorfer Bomben-Bauer*innen. Unmittelbar nach dessen Wahlsieg stieg die Rheinmetall-Aktie um sieben Prozent. Der Rechtspopulist verlangt von den europäischen NATO-Partnern nämlich noch vehementer als sein Vorgänger Obama höhere Rüstungsausgaben. Und Rheinmetall & Co. rechnen in den nächsten Jahren nun mit einer Anhebung des gegenwärtig 34,3 Milliarden Euro schweren Wehretats um bis zu 20 Milliarden Euro.

JAN