Die Europawahl 2019 und die extreme Rechte

Zur Europawahl im Mai traten 40 bzw. 41 politische Vereinigungen und Parteien an, von denen insgesamt fünf dem extrem rechten Spektrum zuzuordnen sind. Ihre Düsseldorfer Wahlkampf-Aktivitäten und die Wahlergebnisse werden im Folgenden dokumentiert.

Neben den klar neonazistisch ausgerichteten Parteien Nationaldemokratische Partei Deutschland (NPD), Die Rechte (DR) und Der III. Weg standen mit der Alternative für Deutschland (AfD) und Ab jetzt…Demokratie durch Volksabstimmung – Politik für die Menschen (Volksabstimmung) noch zwei Parteien des Rechtsaußen-Spektrums zur Wahl. Unter den anderen Parteien befinden sich ebenfalls solche, die antisemitische, völkisch-autoritäre, christlich-fundamentalistische oder ähnliche Versatzstücke reaktionärer Ideologien vertreten. Auch bei Europawahlkandidat*innen, die keine Mitglieder des Rechtsaußen-Spektrums sind, gibt es erzkonservative bis extrem rechte Positionen. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Programmatik von den zuvor genannten fünf Parteien. Verschiedene repräsentative Studien haben oft den „Extremismus der Mitte“ betont.[1], [2]

Im Raum Düsseldorf zeigt das etwa das Beispiel des Düsseldorfer Ratsherrn Dr. Ulrich Wlecke, der als Spitzenkandidat für die Partei Graue Panther angetreten ist. Bei den Kommunalwahlen 2014 erhielt Wlecke ein Ratsmandat für die AfD. Etwa ein Jahr später verließ er die Partei und die bis dahin zwei-köpfige AfD-Ratsgruppe, um mit seinem Mandat zur Fraktion Tierschutzpartei / Freie Wähler zu wechseln. In der Vergangenheit hielt er Vorträge für die extrem rechte Partei FPÖ und war zudem im Jahre 1990 stellvertretender NRW-Landesvorsitzender der Rechtsaußen-Partei der REP. Die Übergänge zwischen einem „bürgerlich-demokratischen“ und einem extrem rechten Profil sind wesentlich fließender als es der ideologische Staatsapparat mit seiner unwissenschaftlichen „Extremismustheorie“ behauptet.

In Düsseldorf waren bei der Europawahl 2019 insgesamt 414.530 Personen wahlberechtigt, von denen 261.736 ihre Stimme abgaben. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,48 Prozent.[3]
Die Wahlbeteiligung lag in NRW insgesamt bei 61,4 Prozent (8.070.719 Stimmen) und bundesweit bei 61,4 Prozent (37.811.971 Stimmen).

Ergebnisse der Rechtsaußen-Parteien bei der Europawahl 2019 in Düsseldorf

Partei Wahlergebnis Stimmenanzahl Vergleich EU-Wahl 2014
AfD 6,91% 18.079 + 1,25% | + 5.546
NPD 0,11% 276 – 0,22% | – 456
Die Rechte 0,03% 88 keine Kandidatur
Der III. Weg 0,01% 25 keine Kandidatur
Volksabstimmung 0,10% 255 – 0,09% | – 176

Alternative für Deutschland (AfD)

Auf Platz 18 der AfD-Bundesliste kandidierte die Düsseldorfer Ratsfrau Uta Opelt. Der ursprünglich für die AfD in den Düsseldorfer Stadtrat gewählte Nic Vogel gab sein Mandat 2017 an Opelt ab, da er als Abgeordneter in den nordrhein-westfälischen Landtag einzog.

Uta Opelt sprach neben ihren Düsseldorfer Wahlkampfauftritten u. a. am 18. Mai bei einer AfD-Veranstaltung in Gütersloh. Bei der vergangenen Landtagswahl kandidierte Opelt erfolglos in einem Gütersloher Wahlkreis für die AfD.

Am 26. Februar veranstaltete die NRW-Landes-gruppe der AfD-Fraktion im Bundestag einen „Bürgerdialog“ in der Volkshochschule in Oberbilk. Reden wurden von den Bundestagsabgeordneten Martin Renner, Harald Weyel und Michael Espendiller gehalten. Unter den etwa 70 Teilnehmer*innen befanden sich mehrere Mitglieder des örtlichen NPD-Kreisverbandes. Der Düsseldorfer Kreisverband der AfD hatte am 15. April zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Auswirkungen der EU-Politik auf Deutschland“ in das Stadtmuseum eingeladen. Die Europawahlkandidaten Maximilian Krah, Harald Weyel und Martin Schiller traten als Redner auf. Bei der von Uta Opelt moderierten Veranstaltung wurde die Presse ausgeschlossen.[4] Eigenen Angaben zufolge beteiligten sich rund 80 Personen.

Die NRW-Landesgruppe der AfD-Fraktion im Bundestag lud am 25. April 2019 zu einem „Bürgerdialog“ in das Bürgerhaus Bilk, wo die Bundestagsabgeordneten Jörg Schneider, Fabian Jacobi und Berengar Elsner von Gronow als Redner auftraten. Unter den etwa 100 Gästen befanden sich zudem mehr als ein Dutzend Mitglieder der rechtsradikalen Bruderschaft Deutschland.[5] Die Veranstaltung konnte von der AfD nicht aufgezeichnet werden, da der antifaschistische Teil des Publikums die Veranstaltung u. a. durch anhaltendes Applaudieren störte. Weiterhin machte der lokale AfD-Kreisverband z. B. in Pempelfort, Lichtenbroich und Vennhausen mehrere Infostände in Düsseldorf.

In Düsseldorf bekam die AfD mit 18.079 Stimmen 6,9 Prozent. Ihre besten Ergebnisse erzielte die AfD in den Stadtteilen Garath (18,9 Prozent), Hafen (13,3 Prozent), Lichtenbroich (13,1 Prozent), Reisholz (12,2 Prozent), Hassels (12,2 Prozent), Hellerhof (11,5 Prozent), Holthausen (10,8 Prozent) und Lierenfeld (10,0 Prozent).[6] In drei Garather Wahlbezirken und einem Wahlbezirk in Hassels wurde die AfD stärkste Partei.[7] In diesen Bezirken lag die Wahlbeteiligung zwischen 26 und 32 Prozent und damit auf dem untersten Niveau der Stadt.

Seit mehreren Jahren ist im südlichen Stadtteil Garath ein „Hotspot“ für extrem rechte Wähler*innen zu beobachten. Dort war der Kreisverband der Kleinpartei Die Republikaner (REP) in der Vergangenheit sehr umtriebig. Bei der Europawahl 2014 holten die REP ihre besten Ergebnisse in Garath.[8]

NRW-Landesergebnis der AfD bei der Europawahl 2019 waren 8,5 Prozent (682.370 Stimmen)[9], Das Bundesergebnis der AfD lag bei 11,0 Prozent (4.103.453 Stimmen)[10].

Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)

Die NPD stellte keine Kandidat*innen aus Düsseldorf zur Europawahl auf. Im Rahmen einer bundesweiten NPD-Aktion am 11. Mai ließ sich das Meerbuscher Ehepaar Kevin und Vanessa Bredereck mit einem Banner (Aufschrift: Migration tötet!) vor dem Landtag und dem WDR Studio fotografieren. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf stufte das Europawahl-Plakatmotiv der NPD ‚Stoppt die Invasion: Migration tötet!‘ als volksverhetzend ein.[11] Die Landeshauptstadt Düsseldorf hatte daraufhin den städtischen Ordnungs- und Servicedienst beauftragt, ggf. Plakate mit diesen Inhalten zu entfernen. Ungewiss ist, ob diese Plakate überhaupt in Düsseldorf angebracht wurden.

Vom 13. bis 18. Mai führte der regionale NPD-Landesverband kleinere unangekündigte Kundgebungen in NRW durch. Am 16. Mai machte die verfassungsfeindliche Partei mit einem als Lautsprecherwagen umfunktionierten Van in Düsseldorf Halt, um eine kurze Kundgebung am Corneliusplatz abzuhalten. Die Kundgebung hatte weniger als zehn Teilnehmer*innen und bestand hauptsächlich aus Vorstandsmitgliedern der NPD-NRW, die im Wechsel kurze Redebeiträge hielten. Es sprachen Claus Cremer (Landesvorsitzender), Ariane Meise (stellv. Landesvorsitzende) und Rainer Händelkes (Beisitzer).

Ein Düsseldorfer Neonazi unterstützte den EU-Wahlkampf der NPD u. a. am 4. Mai bei einem Infostand in Bonn und bei diversen Kundgebungen am 15. Mai, wie z. B. in Mönchengladbach. Nach eigenen Angaben führte die NPD NRW am 13. Mai eine Lautsprecherfahrt u. a. in Meerbusch und Düsseldorf durch.

Für die NPD votierten in Düsseldorf 0,11 Prozent (276 Stimmen), NRW-weit 0,1 Prozent (11.901 Stimmen), das Bundesergebnis lag bei 0,3 Prozent (101.316 Stimmen).

Die Rechte (DR)

Der Neonazi-Kader Sven Skoda aus Düsseldorf kandidierte bei der EU-Wahl für DR auf Listenplatz 2. Skoda ist Angeklagter im laufenden Prozess (u. a. wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung) gegen das neonazistische Aktionsbüro Mittelrhein. Der langjährig als parteifreier Neonazi agierende Skoda, mittlerweile Bundesvorsitzender der DR, griff während des Europawahlkampfes auf mehreren Demonstrationen zum Mikrophon. Bei einem Aufmarsch der DR am 1. Mai in Duisburg hielt der Düsseldorfer Manfred Breidbach außerdem eine antisemitische Rede.[12] An mehreren Demonstrationen beteiligte sich Ralf-Peter Zecher, vormals Mitglied des NPD-Kreisverbandes Düsseldorf/Mettmann. Für die DR ließen sich keine Wahlkampfaktivitäten in Düsseldorf dokumentieren. Ihr überregionaler Wahlkampf ziehlte hauptsächlich auf strafrechtlich grenzwertige Provokationen und Antisemitismus. Eine inhaftierte Holocaust-Leugnerin wurde als „Spitzenkandidatin“ der Partei zur EU-Wahl aufgestellt, in der Hoffnung Aufmerksamkeit zu generieren.

Den „Auftakt“ der DR-Wahlkampfphase bildete ein Aufmarsch am 20. April in Wuppertal mit etwa 80 bis 100 Neonazis. Vom 20. bis 24. Mai führte die DR in 16 Städten in NRW kurzfristig angekündigte Kundgebungen durch. Die Landeshauptstadt befand sich nicht darunter – was daran liegen könnte, dass die Neonazis dort über keinen Kreisverband verfügen. In Dortmund fand am 25. Mai ein Aufmarsch mit dem Titel ‚70 Jahre BRD? Wir feiern nicht! Nationale Souveränität schaffen, Europa verteidigen!‘ statt. Daran beteiligten sich etwa 180 Personen, darunter mehrere Neonazis aus Düsseldorf.

Die DR wurde in Düsseldorf von 0,03 Prozent gewählt (88 Stimmen). Das NRW-Landesergebnis lag bei 0,1 Prozent (4.829 Stimmen), das Bundesergebnis bei 0,1 Prozent (24.624 Stimmen).

Der III. Weg

Für die Neonazi-Partei Der III. Weg gab es 2019 keine Kandidaturen aus Düsseldorf zur Wahl für das Europäische Parlament. Sie eröffnete ihren Europawahlkampf am 16. März mit einer unangekündigten Demonstration in Mettmann, zu der etwa 60 Teilnehmer*innen u. a. mit einem Reisebus aus mehreren Bundesländern angereist waren. Wegen des Verdachts der Uniformierung stellte die Polizei die Identitäten von 59 Teilnehmer*innen fest. Vier der überprüften Personen hatten dabei ihren Wohnsitz in NRW. In einem angemieteten Schützenhaus in Leverkusen wurde anschließend der sogenannte Stützpunkt Rheinland der Neonazi-Partei gegründet, der den Großraum Düsseldorf und Köln umfassen soll. Nach eigenen Angaben hatte die Partei in Düsseldorf Plakate angebracht und Flyer in Briefkästen geworfen.

Bei der Europawahl 2019 erhielt die Neonazi-Partei mit 0,01 Prozent (25 Stimmen) das zweitniedrigste Gesamtergebnis der 40 zur Wahl stehenden Parteien in Düsseldorf. Ihr NRW-Landesergebnis waren 0,0 Prozent (1.220 Stimmen), ihr Bundesergebnis ebenfalls 0,0 Prozent (12.819 Stimmen).

Ab jetzt…Demokratie durch Volksabstimmung – Politik für die Menschen (Volksabstimmung)

Ab jetzt…Demokratie durch Volksabstimmung – Politik für die Menschen (Volksabstimmung) stellte keine Kandidat*innen aus Düsseldorf zur Europawahl auf. In ihrem Grundsatzprogramm von 2018 vertritt die Partei antiziganistische und antisemitische Chiffren („Kampf gegen die herumreisende Einbrecher-Clans“; „Banden aus Osteuropa suchen Deutschland heim“; „Mit der Rückkehr zur D-Mark ist der Patient Bundesrepublik Deutschland aber leider noch nicht vom Krebsgeschwür, den Zinsen saugenden Zwischenwirten (private Banken) befreit.“), Verschwörungstheorien („Aids Lüge“) und fordert ein „Europa der Vaterländer“ sowie eine punitive Law and Order-Politik, diskriminiert Homosexuelle, gleichgeschlechtliche Ehen und gleichsam deren Stellung im Adoptionsrecht, indem sie eine „heile Familie“ als „Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts“ definiert, „die in erster Ehe zusammen leben und mindestens zwei eigene leibliche Kinder bis zur Volljährigkeit groß gezogen haben“.

Wahlkampfveranstaltungen der Volksabstimmung wurden in Düsseldorf nicht beobachtet.
Sie erreichte 0,1 Prozent (255 Stimmen) in Düsseldorf. NRW-Landesergebnis waren 0,1 Prozent (11.073 Stimmen), ihr Bundesergebnis 0,2 Prozent (58.533 Stimmen). Aufgrund der Ergebnisse bzw. der Listenplatzierungen wurde kein*e Kandidat*in aus Düsseldorf in das Europäische Parlament gewählt.

Mit der EU-Wahl 2019 haben die als „rechtspopulistisch“ verharmlosten, autoritär-nationalistischen Parteien wie die italienische Lega, der französische Rassemblement National und die AfD zum Teil bedeutende Wahlerfolge verbuchen können. Durch diese Wahlerfolge des europäischen Rechtsaußen-Spektrums kann sich der fortschreitende Backlash im EU-Parlament nun in relevanten Fraktionsgrößen formieren.

Der gekürzte und leicht geänderte Artikel erschien zuerst im Antifa Infoportal Düsseldorf (http://afaarea.blogsport.de/2019/05/27/europawahl-2019/).

[1]  https://www.fes.de/forum-berlin/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie
[2]  https://www.boell.de/de/leipziger-autoritarismus-studie
[3]  http://wep.itk-rheinland.de/vm/prod/ew_2019/05111000/html5/Europawahl_58_Gemeinde_Landeshauptstadt_Duesseldorf.html
[4]  https://www.report-d.de/Titelthemen/Duesseldorf-AfD-verweigert-Journalisten-Zutritt-zum-Stadtmuseum-114284
[5]  https://www.waz.de/staedte/duesseldorf/protest-gegen-buergerdialog-der-afd-in-duesseldorf-id217035313.html
[6]  http://wep.itk-rheinland.de/vm/prod/ew_2019/05111000/html5/Europawahl_58_Uebersicht_stadtteil.html
[7]  http://wep.itk-rheinland.de/vm/prod/ew_2019/05111000/html5/Europawahl_58_Uebersicht_stbz.html
[8]  https://www.duesseldorf.de/fileadmin/Amt12/wahlen/download/europawahl_2014.pdf
[9]  https://www.bundeswahlleiter.de/europawahlen/2019/ergebnisse/bund-99/land-5.html
[10]  https://www.bundeswahlleiter.de/europawahlen/2019/ergebnisse/bund-99.html
[11]  https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/auch-duesseldorf-duesseldorf-entfernt-npd-plakate_aid-38962367
[12]  https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2019/05/02/wie-neonazis-den-tag-der-arbeit-missbrauchen_28463