Aktionsbündnis kündigt Demo an

Mobil gegen Gentechnik

Die EU plant, Pflanzen, an denen mit Genscheren wie Crispr/Cas rumgeschnibbelt wurde, wie konventionelle Ackerfrüchte zu behandeln und ohne viel Federlesens zuzulassen. Dagegen wendet sich aber das neu gegründete „Aktionsbündnis gegen Gentechnik Düsseldorf“. Es ruft für den 6. April zur Demonstration „Gehen gegen Gentechnik“ auf.

Im Sommer letzten Jahres stellte die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag „über mit bestimmten neuen genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel“ vor. Sie plant, Labor-Früchten, denen die Unternehmen mit Genscheren wie Crispr/Cas oder TALEN keine Gene artfremder Organismen verpasst haben, wie in der Natur vorkommende oder mit Hilfe konventioneller Verfahren gezüchtete Gewächse zu behandeln und ebenso schmerzlos zuzulassen. Nur bei Erzeugnissen der Neuen Gentechniken (NGT), an denen die Firmen mehr als 20-mal herumgeschraubt haben, möchte die Kommission noch die alten Gentechnik-Bestimmungen angewendet wissen.

Gegen dieses Vorhaben formiert sich viel Widerstand, auch hier vor Ort. „Die EU will ‚neue Gentechnik‘-Methoden ohne Kennzeichnung und ohne Risiko-Prüfung zulassen. Unsere Wahlfreiheit und die Gentechnikfreie-Landwirtschaft sind in Gefahr“, schlägt das „Aktionsbündnis gegen Gentechnik Düsseldorf“ Alarm. Es besteht unter anderem aus dem „Verein für Nutzpflanzenvielfalt“, dem NABU, der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“, dem „Biohof Lammertzhof“ sowie der „Coordination gegen BAYER-Gefahren“ und erhält kontinuierlich weiter Zulauf.

Seinen ersten größeren Auftritt hatte das Bündnis Ende Januar in Berlin bei den „Wir haben Agroindustrie satt“-Protesten. Mit einer riesigen gen-manipulierten Kartoffel im Schlepptau, in der kein Wurm, dafür aber etwas so Unappetitliches wie ein nagelneuer DNA-Strang steckte, trat es dort gemeinsam mit Verbraucher*innen- und Umweltverbänden und Vertreter*innen und auch Bauern und Bäuerinnen für eine Agrar-Wende ein.

Zudem organisieren die Gentech-Gegner*innen Vorträge und Film-Vorführungen zum Thema. Und auf dem Saatgut-Festival im März begannen sie Unterschriften gegen das EU-Vorhaben zu sammeln, die sie den Landespolitiker*innen am 6. April im Zuge der quer durch Düsseldorf führenden „Gehen gegen Gentechnik“-Demo übergeben wollen. Auch NRW hat nämlich über den Bundesrat und das Verbindungsbüro in Brüssel so einigen Einfluss auf den Gang der Dinge und ist überdies in Sachen „Gentechnik 2.0“ alles andere als neutraler Boden: Es beherbergt mit Bayer den größten Agrar-Konzern der Welt, der kräftig an Genscheren wie Crispr/Cas forscht und die Menschheit unter anderem mit einer Vitamin-D-Tomate zu beglücken beabsichtigt.

Dem Leverkusener Multi zufolge können die von den Genscheren eingeleiteten Veränderungen „präzise kontrolliert werden“. Das ist aber mitnichten der Fall. Allzuoft kommt es nämlich zu unbeabsichtigten Mutationen an den beabsichtigten Stellen (On-Target-Effekte) und vice versa beabsichtigten Mutationen an unbeabsichtigten Stellen (Off-Target-Effekte). Nicht zuletzt deshalb hält das „Bundesamt für Naturschutz“ (BfN) die mittels der Neuen Gentechniken hervorgebrachten Konstrukte nicht für harmloser als die durch Gen-Übertragungen geschaffenen. „Nach Ansicht des BfN trifft die Aussage, dass NGT-basierte Pflanzen generell weniger Risiken bergen, nicht zu“, bekundet das Bundesamt. Unterstützung erhielt es jüngst von der französischen Behörde ANSES, die in einem Gutachten feststellte, dass durch die Verfahren „unerwartete Auswirkungen auf den Phänotyp und die agronomischen Eigenschaften von Pflanzen immer möglich sind, und dass unerwartete Veränderungen der Zusammensetzung der Pflanze oder der daraus hergestellten Lebensmittel ebenfalls möglich sein könnten“. Als konkrete Beispiele nannte die ANSES eine „Änderung der Toxizität, Allergenität oder der Nährstoff-Eigenschaften der Pflanze“.

Die Agro-Riesen aber preisen die Gentechnik 2.0 als ein Wundermittel an, geeignet, den Pestizid-Einsatz zu senken und Hunger-Krisen zu bewältigen. Das hatten sie einst schon der Gentechnik 1.0 angedichtet, ohne dass sich etwas davon bewahrheitet hätte. Trotzdem legen die Multis jetzt noch einen drauf und bringen Crispr/Cas & Co. als probate Mittel in Anschlag, um Pflanzen fit für den Klimawandel zu machen.

Die Konzerne investieren Unsummen in Lobbyarbeit zur Deregulierung der Gentechnik-Vorschriften. Sie rechnen nämlich mit Milliarden-Gewinnen durch die NGT. Das geht jedoch nur, wenn sie Patente auf die Gewächse erhalten. Sonst fließt nämlich kaum Geld. „Wie bei anderen Technologien ist auch bei den neuen Genom-Techniken der Schutz des geistigen Eigentums von entscheidender Bedeutung“, konstatiert Bayers oberster Öffentlichkeitsarbeiter Matthias Berninger deshalb.

Ob die EU den Unternehmen dafür die Lizenz erteilt, steht noch nicht fest. Wichtige Hürden hat der Verordnungsvorschlag in Brüssel aber schon genommen. Jetzt steht nur noch die Entscheidung des Ministerrats aus. Höchste Zeit also für das „Gehen gegen Gentechnik“. ³

Coordination gegen BAYER-Gefahren

Film-Vorführung „10 Milliarden – wie werden wir alle satt?“ von Valentin Thurn
Mittwoch, 3. April 19h, Metropol, Brunnenstraße 20

Demonstration „Gehen gegen Gentechnik“
Samstag, 06. April, Beginn 14h ab Graf-Adolf-Platz