black lives matter

Der Mord an dem Schwarzen George Floyd durch weiße Polizeibeamte in den USA hat weltweit Proteste ausgelöst. in Düsseldorf waren 20.000 bis 35.000 Menschen auf der Straße. Es ist aber nicht nur der Rassismus in den USA, der die Menschen auf die Straße treibt. Rassismus ist ein weltweites gesellschaftliches Problem. In Deutschland haben Betroffene rassistischer Gewalt und linke Gruppen immer wieder darauf hingewiesen, dass Rassismus ein Problem ist – passiert ist jedoch wenig. Dabei ist die Liste rassistischer Morde lang. Zuletzt hat sich der Mörder von Hanau gezielt Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe als Opfer ausgesucht. Es sind aber nicht nur die Taten der Nazis, die Menschen bedrohen, es ist auch der gesellschaftliche Rassismus: Auf der Straße, in der Schule, bei den Behörden und nicht zuletzt bei der Polizei.
Racial Profiling, also ein Agieren der Behörden orientiert an Stereotypen und äußerlichen Merkmalen und nicht an konkreten Verdachtsmomenten gegen die betreffende Person, ist Alltag auf deutschen Straßen. Sehr gut zum Beispiel im Hauptbahnhof zu beobachten. Hauptsächlich nicht-weiße Personen werden von der Bundespolizei angehalten. Aber auch die Düsseldorfer Polizei leugnet Racial Profiling. Die Realität sieht jedoch anders aus. Nicht-weiße Menschen berichten immer wieder über rassistische Polizeikontrollen in Düsseldorf. Und so ist es auch kein Wunder, dass am 6. Juni so viele Menschen auf die Straße gingen. Es waren vor allem sehr junge Menschen, die die Schnauze voll haben vom alltäglichen Rassismus von Polizei und der nicht-weißen Mehrheitsgesellschaft. Zwei junge schwarzen Frauen hatten die Demonstration unter der Losung „Black Lives Matter“ initiiert. Sie rechneten eigentlich nur mit 2.000 Leuten, es kamen jedoch mehr als zehnmal so viele. „No justice – no peace“ war der Slogan, den mensch am meisten hörte. Wie es weiter geht, ob die Demonstration nur der Auftakt war, wird sich zeigen. Der Anfang ist gemacht, Rassismus ist endlich nun auch zum gesellschaftlichen Thema geworden. Die nächste Demonstration ist für den 4. Juli angekündigt.
Weitere Infos unter: https://instagram.com/silent_demo_duesseldorf_/

vhs zahlt ausfall-honorare

Die Honorar-Kräfte, die an der Volkshochschule unterrichten, gehören zu den prekär Beschäftigten. Sie erhalten geringe Stundenlöhne und sind sozial nicht abgesichert. Deshalb trifft diese Dozent*innen die Corona-Krise besonders hart. Die Volkshochschulen in Köln, Bonn und Leverkusen hatten sich deshalb dazu entschlossen, den Lehrenden den wegen der Pandemie ausgefallenden Unterricht ganz oder teilweise zu vergüten. Entsprechendes forderten die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die Grünen und „Die Linke“ auch für Düsseldorf. Aber Oberbürgermeister Thomas Geisel und die SPD lehnten das ab. Bei der Stadtratssitzung am 18. Juni fand ein von der Partei „Die Linke“ eingebrachter Antrag dennoch die erforderliche Mehrheit. Die SPD-Fraktion enthielt sich zwar, dafür stimmte jedoch die CDU zu.

gefährliche Orte

Die AfD hatte 2017 in einer Kleinen Anfrage von der NRW-Landesregierung wissen wollen, wie viele „gefährliche Orte“ die Polizei im Bundesland von 2010 bis 2017 ausgemacht hätte und wo sich diese befänden. Schwarz-Gelb rückte allerdings nur mit der puren Zahl heraus: 44. Genauere geografische Angaben ersparte sie sich. „Durch die Anonymisierung wird eine Stigmatisierung der Örtlichkeiten verhindert (...) Alleine aufgrund der Begrifflichkeit kann es insbesondere in der Öffentlichkeit zu Fehlinterpretationen kommen, wodurch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung negativ beeinflusst werden könnte“, lautete die Begründung. Die AfD akzeptierte dies jedoch nicht, sondern rief den nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshof an. Und vor diesem erhielt die Partei Recht. Darum mussten Laschet & Co. die Straßen nennen. Düsseldorf war (Stand 2017) mit 14 dabei. Mintrop-Platz, Mintropstraße, Scheurenstraße, Aderstraße, Luisenstraße, Helmholtzstraße, Ellerstraße, Linienstraße, Appolinarisstraße, Industriestraße, Vulkanstraße, Dreiecksstraße und Querstraße standen auf der Liste. Da sich die meisten von ihnen in Oberbilk befanden, gab es viel Protest aus dem Stadtteil. „Wir sagen ganz klar: Bunt heißt nicht gefährlich! Wir wehren uns gegen die pauschale Verurteilung ganzer Stadtviertel“, bekundeten die SPDler*innen des Stadtbezirks. Und in der von mehreren Gruppen und Organisationen getragenen „Oberbilker Erklärung“ hieß es: „Die Einstufung von Straßen und Plätzen als ‚gefährlich und verrufen’ entspricht nicht der Lebenswirklichkeit in Oberbilk! Oberbilk ist ein lebenswerter multikultureller Stadtteil. Die in der Liste genannten Orte sind nicht gefährlich in dem Sinn, dass man dort Angst um Leib und Leben oder Sorge haben müsste, Opfer einer Straftat zu werden.“ Damit geht die Landesregierung auch d’accord. „Die Bezeichnungen werden durch die Polizei nicht verwendet, um Örtlichkeiten zu definieren, an denen Bürgerinnen und Bürger einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind, Opfer von Straftaten zu werden. Sie lassen daher keinen generellen Rückschluss auf ein erhöhtes Gefahren-Potenzial an den Örtlichkeiten zu“, antwortete sie der AfD. Diese Lokalitäten könnten beispielsweise auch lediglich dazu dienen, Straftaten zu verabreden oder vorzubereiten. Die Bezeichnungen erläuterten CDU und FDP ebenfalls noch genauer: „Bei den Begriffen ‚gefährliche/verrufene Orte’ handelt es sich um polizei-fachliche Bezeichnungen, die Örtlichkeiten gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 des Polizei-Gesetzes (PolG) Nordrhein-Westfalen beschreiben.“. So polizei-fachlich hört sich „gefährliche/verrufene Orte“ allerdings gar nicht an. Tatsächlich findet sich eine solche Formulierung dann auch gar nicht im Polizei-Gesetz des Landes. Dort ist nur von Orten die Rede, „von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass a) dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben, b) sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Straf-Vorschriften verstoßen, c) sich dort gesuchte Straftäter verbergen“. In den Gesetzen anderer Bundesländer gibt es ebenfalls keine „gefährliche/verrufene Orte“. Polizei-intern habe sich dieses Wording allerdings etabliert, wie der Sprecher des sächsischen Innenministeriums einmal kundtat. Und mit ihrem Wording hatte die Polizei ja öfters schon einmal Probleme. Aber auch die Sache selbst wirft Fragen auf. Mit der Kennzeichnung bestimmter Orte als gefährlich schaffen sich die Ordnungshüter*innen selbst erweiterte Eingriffsrechte. So dürfen sie in den Hotspots ohne richterliche Erlaubnis verdachtsunabhängige Identitätsfeststellungen vornehmen, was verfassungsrechtlich nicht unbedenklich ist.


„Clemens Nazi-Anwalt“

Rechtsanwalt Björn Clemens zwischen Eitelkeit und Mimimi

Björn Clemens, Doktor jur., ist Strafverteidiger. Er liebt es, sich als Spezialist für Prozesse „mit politischem Hintergrund“ zu bezeichnen. Er ist seinem Selbstverständnis nach ein „streitbarer Publizist“, der Justizprosa und Heimatlyrik mit Pathos, Eros und Natur-Romantik verfasst – völkisch, rassetümelnd, keine Pointe. Er mag es, sich als kraftvollen Kämpfer und zarten Schöngeist zu beschreiben – angreifend und fortlaufend angegriffen von einer Welt von Feinden. So ist sein Habitat der Widerspruch: Er will glänzen und Opfer sein. Beides gleichzeitig.

Als er im Januar 2020 nach einem Hinweis auf seine extrem rechte Gesinnung und seine Geschichte u. a. als Bundesvorsitzender der Republikaner seine Mitgliedschaft im Düsseldorfer Karnevalsverein „Narrencollegium“ beenden muss, spricht er von einer „infame[n] Rufmordkampagne“, die dem Verein, seiner „Person und Familie“ schaden wolle. Weil es zur REP-Vorsitz-Funktion nur schwerlich etwas zu leugnen gibt, konzentriert Dr. Clemens sich auf das Grundrecht auf Verteidigung im Strafprozess und wäscht seine Hände im Integritätsbad der Rechtsordnung. Seitdem will er uns wissen lassen: Er versteht sich als aufrichtigen Streiter für Gerechtigkeit – nie nicht neutral, immer als Vorkämpfer für den Rechtsfrieden – auch für angeklagte Rechtsterrorist*innen, Rassist*innen, Neonazis.

Dabei sammelt er als Bühnen-Profi mit Leidenschaft spektakuläre Fälle, genießt es, im Frühjahr 2018 für wenige Tage Verteidiger eines der Hauptangeklagten im NSU-Prozess gewesen zu sein. In Koblenz ist der Dr. jur. Teil einer ausgeklügelten Verfahrensstrategie im Chor der unpolitischen Nazi-Verteidiger*innen, die den „Aktionsbüro Mittelrhein“-Prozess gegen die neonazistische kriminelle Vereinigung zum Platzen bringen. In Begleitung von Michael Brück (Die Rechte Dortmund) steht er als Zuschauer im „Wehrhahn-Prozess“ dem Zeugen Sven Skoda bei dessen Aussage zur Entlastung des Angeklagten Ralf Spies bei. 2018, das ist das Glanz und Gloria-Jahr des Dr. Clemens.

Jetzt ist er Verteidiger von Markus Hartmann, jenem Neonazi, der zusammen mit Stephan Ernst den Mord an Walter Lübcke geplant und durchgeführt, den Hauptangeklagten Ernst im geringsten Fall mental unterstützt haben soll. Der Prozess hat am 16. Juni 2020 in Frankfurt am Main begonnen – unter großer Aufmerksamkeit der Medien. Das trifft sich gut, denn Dr. Clemens mag opulente Auftritte. So schilderte er am ersten Verhandlungstag im Oberlandesgericht Frankfurt mit großem Lamento, dass seine Düsseldorfer Kanzlei in der vorausgehenden Nacht Ziel eines Angriffes geworden sei: „Clemens Nazi Anwalt“ – unmissverständlich, in großen Lettern, rot auf weißem Putz. Am Eckhaus, strahlend über die Kreuzung hinweg.

In seinem ersten Statement im Gerichtssaal beantragte Dr. Clemens Polizeischutz für sich und die von ihm genutzten Räumlichkeiten in Flingern, für sein Hochparterre-Büro in der Lindenstraße/Ecke Cranachstraße. Der Angriff solle ihn einschüchtern, Folgetaten seien nicht hinzunehmen. Eine inhaltliche Distanzierung erfolgte jedoch nicht.

Ab sofort ist RA Clemens also auch offiziell ein Nazi-Anwalt. Ein druckanfälliger noch dazu. Auch wird es nicht einfacher werden für ihn, selbst im Düsseldorfer Chill-Out-Kiez am Hermannplatz nicht. Dort in publico Mittagspausen oder Feierabende zu genießen, dürfte in Zukunft für den passionierten Flaneur Dr. Clemens also nicht länger erholsam sein. Denn seine Eitelkeit sorgt durchaus für zunehmende Berühmtheit. Und so wird er seinen Kaffee im Café „Oma Erika“ früher oder später nicht mehr ungestört trinken können. Ob er dort überhaupt noch ein gern gesehener Gast sein wird, ist nach seinem klaren Bekenntnis zur Verteidigung des angeklagten Rechtsterroristen Markus Hartmann wohl auch eher ungewiss. Wäre diese komplexe Welt doch nur nicht voller Widersprüche! Nach Geltung streben, aber die Folgen davon nicht auf sich nehmen wollen, das passt nicht. Aber das weiß der Dr. Clemens. Die Bühne für seinen Auftritt sucht er sich schließlich selbst aus. Und wer jammert, verliert.

Till Jakob


20 Jahre danach

Erinnern an den Anschlag vom S-Bahnhof Wehrhahn

Am 27. Juli 2000 explodierte gegen 15 Uhr eine Bombe am S-Bahnhof „Wehrhahn“ in Düsseldorf. Gezielt sollte sie eine Gruppe von zwölf Passant*innen töten, die an diesem Tag, wie gewöhnlich nach ihrem Deutschsprachkurs, zum Bahnhof gingen. Sie waren ausgespäht worden als Menschen, die aus den ehemaligen GUS-Staaten kamen, Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion, verschiedenen Alters. Lebensgefährlich verletzte die Bombe mehrere von ihnen, eine schwangere Person so schwer, dass ihr ungeborenes Kind nicht gerettet werden konnte.

Bis heute konnte nicht geklärt werden, wer den Anschlag verübte. Im Strafprozess gegen den Rassisten und Antisemiten Ralf Spies, der damals am Rande Teil der Düsseldorfer Neonazi-Szene war, sah das Gericht siebzehn Jahre nach dem Anschlag die Anklage des 12fachen versuchten Mordes als nicht (mehr) beweisbar an. Der Tatverdächtige wurde am 31. Juli freigesprochen.

Einen Schlussstrich kann es aber trotzdem nicht geben. Die Tat ist nach wie vor nicht aufgeklärt. Der Verdacht, dass die damalige Kameradschaft Düsseldorf um Neonazi-Kader Sven Skoda mit dem Bombenanschlag in Verbindung zu bringen ist, ist auch weiterhin nicht widerlegt. Aufklärung ließe sich darüberhinaus von Geheimdienst- und Staatsschutz-Behörden erwarten. Denn vor allem der nord­rhein-westfälische Verfassungsschutz muss Informationen zu Tatzusammenhängen und (mindestens) Mitwissenden gehabt haben. Aber die Behörden schweigen. Die Landespolitik hat den Anschlag und alle damit in Verbindung stehenden Ermittlungshindernisse, Fehler, Versäumnisse und Missinformationen ad acta gelegt. Forderungen an die Politiker*innen im NSU-Untersuchungsausschuss, die Ermittlungen zum Anschlag vom 27. Juli 2000 kritisch zu untersuchen, stießen auf taube Ohren.

Ein Vergessen wird es auch für die Überlebenden nicht geben. Schmerz und Erinnerungen bleiben. Überlebende sind es auch, die berichten, wie wichtig es für sie ist, rechte, rassistische und antisemitische Gewalt zu benennen, um einen Bruchteil von Ruhe wiedergewinnen zu können. Solange der Anschlag vom 27. Juli 2000 nicht aufgeklärt ist, wird es kein Ausruhen geben können.

Inzwischen hat die Stadt Düsseldorf ein sichtbares Zeichen gesetzt, dass der Anschlag nicht vergessen ist. Am S-Bahnhof Wehrhahn wurde im Frühling eine Gedenktafel errichtet. Der Text auf der Tafel beschreibt, was geschehen ist, lässt nicht unerwähnt, dass die Ermittlungsarbeit der Behörden mangelhaft war. Die Gedenktafel soll am 27. Juli 2020 offiziell eingeweiht werden.

Wir werden am 27. Juli 2020 an den Anschlag erinnern – bitte achtet auf Ankündigungen.