Rex Osa:

Kein Mensch soll fliehen müssen – aber jeder migrieren dürfen

Rex Osa flüchtete 2005 als in Nigeria politisch Verfolgter nach Deutschland und stellte einen Antrag auf politisches Asyl. Doch statt Schutz erwarteten ihn Misstrauen und Ablehnung, er wurde mit Anschuldigungen konfrontiert, ihm drohte die Abschiebung. Vier Jahre kämpfte er, bis er eine Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland erhielt. Diese Erfahrung brachte Osa dazu, sich seit 2010 für geflüchtete Menschen aller Herkunftsländer einzusetzen.

„Dass ich heute noch in Deutschland bin und hier bleiben darf, wurde nur dadurch möglich, weil ich mich gegen Pseudo-Bürokratie gewehrt habe und mich seit Jahren gegen Abschiebungen engagiere. Viele Flüchtlinge haben nicht den Mut, sich gegen staatliche Repressionen zu wehren, doch das muss sich ändern”, mit diesen Worten begründet Rex Osa sein Engagement für die Rechte von Geflüchteten. Dabei müsse seiner Ansicht nach die Selbstorganisation der Geflüchteten im Mittelpunkt stehen. Schwerpunkt seiner Arbeit war von Anfang an, immer wieder auf die menschenunwürdige Situation in den Lagern aufmerksam zu machen. Zu seinen Erfahrungen mit Abschiebungen in Deutschland gehört auch eine Praxis, die er bereits seit vielen Jahren besonders vehement anprangert: Sogenannte Botschaftszwangsanhörungen. Dabei werden Geflüchtete, die keinen Identitätsnachweis vorlegen, ohne ihre Einwilligung unter Anwendung von Zwang von der Polizei zu einer (schwarzafrikanischen) Botschaft gebracht und von den dortigen Mitarbeiter*innen anhand von Gesichtsmerkmalen, Hautfarbe oder Akzent identifiziert - oder auch nicht. Die Botschaft Nigerias etwa stellt nach Angaben von Rex Osa immer wieder nigerianische Pässe aus, die eine Abschiebung in das Land ermöglichen. Grundlage ist ein Rückübernahmeabkommen, das Deutschland mit Nigeria abgeschlossen hat. Dabei gilt Nigeria aufgrund der zahlreichen bewaffneten Konflikte, die in dem Staat toben, nicht als sicheres Herkunftsland. Knapp 14.000 Menschen, die von dort stammen, gelten derzeit lt. Angaben der deutschen Ausländer*innenbehörden als ausreisepflichtig.

2014 war Rex Osa Mitbegründer von refugees4refugees, einem Netzwerk von erfahrenen Geflüchteten, die sich auf verschiedene Art und Weise für Asylbewerber*innen einsetzen. Sie stellen sich z. B. als Begleitpersonen für Behördenbesuche zur Verfügung, beraten beim Stellen des Asylantrags oder helfen bei Widersprüchen gegen Amtsbescheide. Zudem vermittelt das Netzwerk Asylbewerber*innen an Gruppen, die den Betroffenen in ihren individuellen Situationen helfen können. Überdies bietet es Übersetzungen an, damit geflüchtete Menschen die Möglichkeit haben, asylrelevante Bewerbungsunterlagen zu verstehen und informiert über Rechte und Pflichten im Asylverfahren, Ausländer- und Sozialrecht.

Refugees4refugees will die gesellschaftliche Distanz zwischen Geflüchteten, Migrant*innen und deutschen Staatsbürger*innen verringern, die Isolation von geflüchteten Menschen durchbrechen sowie Verständnis und Toleranz auf beiden Seiten fördern.

Am 1.2.2024 kam Rex Osa auf Einladung der Gruppe „Abschiebegefängnis verhindern in Düsseldorf und überall” ins Café Freiraum an der Hochschule Düsseldorf (HSD) und referierte zu diesen Themen. Er schilderte, was bei einer Abschiebung passiert und welche konkreten Hilfen er und seine Mitstreiter*innen für geflüchtete, von Abschiebung bedrohte und bereits abgeschobene Menschen leisten. Sie stellen beispielsweise eine Fluchtwohnung als Unterkunft für die ersten Tage nach der Abschiebung in Nigeria in Flughafennähe (Benin-City) zur Verfügung, um die abgeschobenen Menschen vor Obdachlosigkeit zu schützen. Darüber hinaus helfen sie bei der Organisation des Alltags nach der Abschiebung in ein Land, das den Menschen nach teilweise jahrelangem Aufenthalt in Deutschland fremd oder sogar unbekannt ist. Erschütternd, an welchen Selbstverständlichkeiten es fehlt: Das Handy aus Deutschland ist nutzlos, kein Bargeld, kein Konto, keine für das Klima geeignete Kleidung, sogar an der Verständigung hapert es, denn es werden auch Kinder und Jugendliche abgeschoben, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und deshalb oft der jeweiligen Landessprache nicht mächtig sind.

Rex Osa ist sehr besorgt über die aktuelle Entwicklung, die die Lage für geflüchtete Menschen in Deutschland noch prekärer macht. In der Bezahlkarte, die eingeführt werden soll, damit diese Menschen über möglichst wenig Bargeld verfügen können, da ihnen von deutschen Behörden unterstellt wird, dieses in ihre Heimatländer zu schicken, sieht er beispielsweise ein weiteres Instrument der Diskriminierung und Schikane. Das wurde in der anschließenden Diskussion mit den etwa 20 Gästen im Café Freiraum deutlich.

In einer Art Überbietungswettkampf aus allen politischen Lagern wird eine immer schärfere Abschiebungspolitik gefordert. Humanitäre Aspekte und das Leid der Betroffenen werden dabei außer Acht gelassen. Umso wichtiger ist die Arbeit der Flüchtlingsselbsthilfe, die Unterstützung durch engagierte Menschen und der gemeinsame Kampf für Gerechtigkeit und ein menschenwürdiges Leben.

Christine

Links:
* https://refugees4refugees.org
* https://proasyl.de
* https://stay-duesseldorf.de
* https://abschiebegefaengnis-verhindern.de Bündnis Abschiebegefängnis verhindern in Düsseldorf und überall

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