Antifaschistische Aktivitäten und Neues aus der Naziszene

Und tschüss!

Veranstaltung der extremen Rechten im Hotel Nikko verhindert

Nachdem am 21.1.2000 "auf dem Haus" der Düsseldorfer Burschenschaft "Rhenania Salingia" der ehemalige Europaparlamentarier der REPs, Harald Neubauer, völlig ungestört einen Vortrag "zur aktuellen politischen Lage" halten konnte, luden "Nation Europa Freunde e.V.", "Bürger-bewe-gung Köln e.V." sowie der Kreis um den Kölner Neofaschisten Manfred Rouhs für den 21. Juni im "Rahmen der überparteilichen Deutschlandbewegung" erneut zu einer Vortrags-veranstal-tung mit Neubauer ein. Da der Saal im Rhena-nen-haus "die zahlreich erschienenen Besucher nicht faßte", sollte die Veranstaltung nun "im größeren Rahmen" wiederholt werden. Kosten spielten hierbei offensichtlich keine Rolle und so wurde ein Saal im Nobelhotel Nikko auf der Immermannstraße angemietet. Thema der Veranstaltung: "Deutschland braucht demokratischen Patriotismus - Vernetzung und Einigung: Das Gebot der Stunde." Zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn sollte zudem ein "Arbeitstreffen" der von Alfred Mechtersheimer (siehe auch TERZ April 1997) geführten "Deutschen Aufbau-Organisation Deutschland-Bewegung" stattfinden.

Bei Harald Neubauer handelt es sich um einen der bekanntesten Vertreter der extremen Rechten in der BRD. Er ist einer der Herausgeber der wohl wichtigsten Zeitschrift dieses Spektrums, der Monatszeitschrift "Nation und Europa". Diese Zeitschrift wurde 1951 vom ehemaligen SS-Sturmbannführer und Chef der Bandenbekämp-fung im Führerhauptquartier, Arthur Ehrhardt, gegründet. Neubauer hat im Laufe seiner 30-jährigen politischen Tätigkeit in der extremen Rechten bereits fast alle wichtigen Parteien durchlaufen. Er bekleidete wichtige Vorstandsfunktionen bei der NPD, der DVU, bei den REPs, bei der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH). Er war laut Angaben von Michael Kühnen sogar Mitglied der illegalen NSDAP-AO (AO=Auslands- und Aufbauorganisation). Heute tritt er hauptsächlich als Referent bei Veranstaltungen aller Schattierungen der extremen Rechten und als Autor in Erscheinung.

Von all diesen Hintergründen will der zuständige Nikko-Verkaufsdirektor für Europa & USA, Carsten Heitmann, nichts gewußt haben. Ob dieses nun stimmt oder nicht, fest steht, daß das Hotel Nikko seit vielen Jahren immer wieder Veranstaltungsräume an die extreme Rechte vermietet hat, ohne auch nur die geringsten Vorkehrungen zu treffen, in Zukunft sicherzustellen, daß hier ein Riegel vorgeschoben wird. Solange anständig bezahlt wurde und keine knüppelschwingenden Naziglatzen den "guten Ruf des Hauses" beschmutzten, hatte die Leitung des Nikko bislang offensichtlich nichts gegen derartige Gäste einzuwenden. Entsprechend uninteressiert und abweisend reagierte Heitmann auch, als er vom ANTIFA-KOK am Mittag des 21. Juni von der Veranstaltung unterrichtet und aufgefordert wurde, den Mietvertrag mit den braunen Gästen zu kündigen. Er hege weder Sympathie mit "der einen, noch mit der anderen Seite", so Heitmann. Drei Stunden später jedoch sah die Sache schon anders aus. Nicht weniger als zwölf Organisationen und Initiativen aus Düsseldorf, darunter der Düsseldorfer Appell, die Jüdische Gemeinde, die Düsseldorfer Asten, die Grünen, die PDS, die VVN und die Landes-schüler-Innenvertretung, die alle vom ANTIFA-KOK unterrichtet worden waren, sowie diverse Einzelpersonen und der ANTIFA-KOK selber hatten Heitmann per Telefon und Fax "überzeugt", seine Rechtsabteilung einzuschalten und den Mietvertrag mit der "Deutschlandbewe-gung" zu kündigen. Zu diesem Zeitpunkt waren auch bereits zwei TV-Kamerateams, der lokale Hörfunk und diverse Printmedien an den Start gegangen, die ebenfalls vom ANTIFA-KOK informiert worden waren. Der ANTIFA-KOK rief zudem zu einer regionalen antifaschistischen Demonstration zum Nikko auf. Und so wußte Herr Heitmann dem ANTIFA-KOK folgendes schriftlich mitzuteilen: "Die Veranstaltung mit dem Gastredner Neubauer wurde offiziell abgesagt. Unser Rechtsbeistand hat vorsorgliche Schritte bei den entsprechenden Stellen eingeleitet." Na also, es geht doch!

In den ihnen verbliebenen zwei Stunden ist es Neubauer und seinen "Freunden" offensichtlich nicht gelungen, Ersatzräume zu organisieren. Die Träger etwaiger Ausweichmöglichkeiten wurden vorsorglich vom ANTIFA-KOK vorgewarnt und auch das u.a. aus Landesmitteln finanzierte "Gerhart Hauptmann Haus" (GHH, ehemals "Haus des Deutschen Ostens") auf der Bismarckstr., in dem sich seit vielen Jahren die extreme Rechte die Klinke in die Hand gibt, zog es vor, keinen Raum zur Verfügung zu stellen. Nachdem der ANTIFA-KOK in den letzten Jahren immer wieder auf das braune Treiben im GHH hingewiesen hatte und es 1998 endlich zu einer Thema-tisierung dieser Vorgänge im Landtag NRW gekommen war, reichte dem GHH bei der Neubauer-Veranstaltung der Hinweis, daß an diesem Tag ein besonders wachsames Auge auf die Bis-marck-straße geworfen würde.

Und so konnte schlussendlich auch die vom ANTIFA-KOK angekündigte antifaschistische Demonstration an diesem Abend noch rechtzeitig wieder abgesagt werden. Vielleicht hätte es aber auch Sinn gemacht, diese Demonstration trotz Absage der Neubauer-Veranstaltung durchzuführen; alleine um Herrn Heitmann einmal zu zeigen, daß in Zukunft ein wenig mehr Sensibilität bei der Vermietung von Räumlichkeiten durchaus zur Entspannung beitragen könnte. Der ANTIFA-KOK kündigte an, "in Zukunft verstärkt ein Auge auf die Vermietungspraxis des Hotel Nikko zu werfen."

"Unabhängige Ökologen" in der "Neanderhöhle"

Das Bundestreffen der "Unabhängigen Öko-logen Deutsch-lands" (UÖD), das fast unbemerkt am 30.4. und 1.5.2000 in der Erkrather Gastwirtschaft "Neander-höhle" stattfand, war für den konservativen Verein ein glatter Reinfall. Nicht einmal 20 Mitglieder der ÖDP-Abspaltung fanden sich am Tagungsort gegenüber des Neandertal-Museums ein.

Das über zwei Tage verteilte Programm sah auch nur zwei nennenswerte Referate vor: Der Bundesvorsitzende Prof. Herbert Pilch sprach über "Runen - Gebrauch und Mißbrauch altgerma-nischer Schriftzeichen" und Prof. Edmond Jung klärte die Anwesenden über "Ökologischen Landbau im Zeitalter der europäischen Konzentration" auf. Eröffnet wurde die Tagung vom Vorstandsmitglied Leif-Thorsten Kramps aus Hagen, der als Leiter des "AK Bioregionalismus Sauerland" und Herausgeber des Rundbriefes "Die Stachelbeere" eine "Einführung in die Bioregion" gab. Der zweite Tag des Bundestreffens war mit einer "Morgenansprache" der braungrünen Ikone Baldur Springmann und anschließendem Besuch des Neandertal-Museums außerordentlich interessant gestaltet, da konnten die Unabhängigen Ökologen glatt noch etwas über ihre Wurzeln lernen ...

Bei der sonntäglichen Mitgliederversammlung, die neben Vorstands-Neuwahlen auch einen Kassenbericht vorsah, durften sich die Unabhängigen Ökologen schließlich selbstbemitleiden. Schrieben sie doch schon in der Ausgabe 4/1999 ihrer nun eingestellten Zeitschrift "Ökologie - Forum für Natur- und Heimatschutz" von "akuten Zahlungsschwierigkeiten" und "mangelnder Resonanz", so berichteten sie danach in einem kurzen Rundschreiben auch von "anhaltendem Mitgliederschwund". Nach elf Jahren wird die "Ökologie" also nicht mehr in gewohnter Form erscheinen. Lediglich ein "jährlich erscheinendes Organ" mit grundsätzlichen Abhandlungen und Redetexten von Vorträgen wurde angekündigt.

Gleichzeitig zum drohenden Zerfall des ehemaligen rechtsökologischen Vorzeigeverbandes ergeben sich zwei unterschiedliche Neuentwicklungen. Zum einen steckt die alte Redaktion der "Ökologie" nun ihre ganze Kraft in die im Dezember 1999 in Hannover gegründete "Herbert-Gruhl-Gesellschaft" (HGG), die federführend von Andreas Gruhl und Heinz-Siegfried Strelow betreut wird. Politisch scheint diese Gesellschaft allerdings ein eher ruhiger Gedenkverein zu werden.

Auf der anderen Seite engagieren sich UÖD-Mitglieder wie Helmut Kirchner und Baldur Springmann, letzterer mit seinem "Aufruf zur Sammlung der Deutschen", für das nationale Parteienbündnis "Deutsche Partei" (DP). Dieses ist im Februar 2000 von den Vorständen der alten DP, der "Deutschen Sozialen Union" (DSU) und dem "Bund Freier Bürger" (BFB) beschlossen worden. Hierbei angestrebt ist der "Zusammenschluß aller konservativen Kräfte unter Ausschluß der extremistischen Rechten (NPD, DVU)". Was daraus wird und wie sich die "Unabhängigen Ökologen" dort einbringen werden, ist noch nicht klar zu erkennen. Allzu große Relevanz dürfte die eigenbrötlerische Altherren-Riege der beteiligten Kleinparteien DP und DSU zusammen mit den Resten vom BFB allerdings nicht erlangen. Die beteiligten Nationalisten stehen vor einer langen Diskussion um Führungspersonen und einheitliche Ziele.

Es gibt keinen Nazi-Terror im Umland ...

So lautete jedenfalls der Tenor einer von der evangelischen Gemeinde veranstalteten Podiumsdiskussion zum Thema "Rechtsextremismus in Ratingen und NRW" am 7. Juni in Ratingen. Schließlich seien die zumeist jugendlichen Mitglieder der örtlichen Neonazi-Szene nicht organisiert. Der für Ratingen zuständige Polizeiliche Staatsschutz Düsseldorf, auf dem Podium vertreten durch Herrn Kulikowski, dem Leiter der Staatsschutzabteilung "Rechtsextremismus", bekundete, alles im Griff zu haben. Auch mit den Eltern der "rechten Jugendlichen" sei bereits gesprochen worden. Um seine Thesen zu untermauern bemühte Kuli-kowski denn auch Zahlenmaterial: So sei in Ratingen zwar die Zahl der politisch motivierten Straftaten seitens der extremen Rechten von 4 im Jahre 1998 auf 7 im Jahre 1999 leicht gestiegen, aber im Vergleich zu Velbert, wo mit dem neonazistischen "Siepensturm" eine organisierte Szene existiere, sei dies doch eher wenig (1998: 19, 1999: 28). Der Einwand eines örtlichen Antifaschisten, daß die Zahl doch lediglich die offiziell erfassten Vorfälle darstelle, quittierte Kulikowski mit einem müden Lächeln. Andere Anwesende untermauerten durch Schilderung mehrerer Vorfälle den vorgebrachten Einwand: So randalierte eine Gruppe von zehn bis fünfzehn Jungnazis um die Jahreswende regelmäßig vor dem Jugendzentrum "Manege" in Ratingen-Lintorf, griffen Besu-cher-Innen an und grölten das "Horst-Wessel-Lied". Weitere Angriffe seitens dieser Gruppe konnten nur durch das beherzte Einschreiten von Besu-cher-Innen und durch mehrere Einsätze der Polizei verhindert werden, so daß die Jungnazis zur Zeit die Nähe der "Manege" meiden. Dieselbe Gruppe war auch an einer Massenschlägerei mit MigrantInnen beteiligt.

In der Innenstadt Ratingens geht indes der Terror weiter. Regelmäßig greift eine Gruppe von Neonazis, die meisten im Alter von Mitte 20, PunkerInnen und antirassistische Skinheads an und jagt diese durch die halbe Stadt. Einmal konnten sich die beiden Angegriffenen nur durch Flucht in die nächste Polizeidienststelle retten, ein anderes Mal wurde ein Punk kranken-hausreif geschlagen.

Die aufgezeigte Entwicklung stellt alles andere als einen Grund zur Entwarnung dar. Um so wichtiger ist es zur Zeit, antifaschistische Initiativen vor Ort in ihrer Arbeit zu unterstützen, um der drohenden rechten Dominanz auf der Straße und dem damit verbundenen Terror wirksam entgegentreten zu können.

Auch die "Kameradschaft Düsseldorf" hat es im neuen Jahrtausend ins Internet geschafft. Seit Ende April sind die Düsseldorfer Nazis mit einer eigenen "Heimatseite" im Netz vertreten. Zeitgleich ist auch die Debutausgabe der Zeitschrift "Düsseldorfer Beobachter" erschienen, die komplett ins Internet gesetzt wurde. Inhaltlich hat das Blatt nicht mehr zu bieten, als einige Dutzend anderer kleinerer Neonazi-Postillen auch. Erwähnenswert ist allerdings ein Interview mit einem "abgeurteilten Wehrwolf", in dem ein wegen versuchten 23-fachen Mordes verurteilter Düsseldorfer Neonazi über die Gründe seiner begangenen Tat, zu seinem Prozeß und zu seiner vierjährigen Zeit im "Systemkerker" befragt wird. Besagter "Wehrwolf" hatte 1996 gemeinsam mit drei weiteren Personen ein AussiedlerInnenwohnheim, in dem 23 Menschen schliefen, in Brand gesetzt, nicht ohne vorher alle Feuerlöscher zu beseitigen. Einem Bewohner, der mitten in der Nacht nach Hause kam, ist es zu verdanken, daß es nicht zu einer Katastrophe kam und das Feuer rechtzeitig gelöscht werden konnte. Man habe damals aus Wut und in "Notwehr" gehandelt, so der ‚mutige' "Wehrwolf". Heute sei er klüger geworden, lasse sich nicht mehr zu "unüberlegten Taten" hinreißen und richte seinen Kampf nicht mehr darauf aus, gegen "Symptome" anzukämpfen.

Weiterhin ist im "Düsseldorfer Beobachter" ein kompletter "Durchführungsplan anläßlich Durchsuchung einer rechtsextremen kriminellen Vereinigung in Velbert am 17.3.2000" dokumentiert. Hierin sind u.a. die Namen von 40 an der Razzia gegen die neonazistische Gruppe "Siepensturm" aus Velbert beteiligten Staatsschutz- und anderer PolizeibeamtInnen inklusive ihrer Handynummern aufgeführt. Die Liste hatte einer der beteiligten BeamtInnen bei der Razzia verloren oder versehentlich liegengelassen. Dieses peinliche Mißgeschick führte im Nachhinein für öffentliches Aufsehen in der Lokalpresse, für eine zerknirschte Polizeiführung und für eine indirekte polizeiliche Ansage, der "Kameradschaft Düsseldorf" demnächst etwas härter auf die Füße zu treten. Man darf gespannt sein, wie sich dieser Disput entwickeln wird.